Manchmal scheint die Beikosteinführung für Babys wahnsinnig kompliziert zu sein. An jeder Ecke hört man, dass jemand gelesen hat, dass Babys dieses oder jenes noch nicht essen sollen. Was stimmt denn nun? Was dürfen Babys wann essen? Und ab wann dürfen Babys alles essen? Ich versuche, Dir diese Fragen hier so gut wie möglich zu beantworten. Dabei will ich Dir vorab sagen: Ich richte mich dabei nicht nach irgendwelchen Ratgebern oder Vorgehensweisen, die “eben schon immer so gemacht wurden”, sondern nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Ab wann dürfen Babys alles essen: Ab 12 Monaten?
In den meisten Ratgebern wirst Du erst einmal folgende Antwort finden: Ab dem ersten Geburtstag sind Babys weit genug entwickelt, um ganz normal am Familientisch mitessen zu dürfen. Leider heißt das aber nicht, dass Babys ab 12 Monaten wirklich alles essen dürfen. Denn einige Lebensmittel bleiben
- gefährlich für Kleinkinder
- ungesund für Kinder (und Erwachsene)
Die Liste der wirklich gefährlichen Lebensmittel für Kinder ist schnell erklärt:
Lebensmittel | Alter |
ganze Nüsse | 3-5 Jahre |
kleine, runde Lebensmittel mit glatter Oberfläche | 12-18 Monate |
Honig | 1-2 Jahre |
Koffein, Teein | möglichst lange |
Alkohol | möglichst lange |
An diesen Lebensmitteln können Babys und zum Teil auch Kleinkinder ersticken bzw. lebensgefährlich erkranken oder Schäden in ihrer körperlichen und kognitiven Entwicklung nehmen. Sicherheitshalber solltest Du sie also auch nach dem ersten Geburtstag nicht geben.
Weiterhin gibt es viele Lebensmittel, die zwar nicht bei einmaligem Verzehr unmittelbar gefährlich, aber trotzdem für Kinder ungeeignet sind. Bei regelmäßigem Verzehr führen sie zu verschiedenen Beeinträchtigungen im späteren Leben, teilweise auch bereits in der Kindheit. So kann zum Beispiel zu viel Salz zu Bluthochdruck und Übergewicht führen – und zwar schon sehr früh im Leben. Zucker stört den Fettstoffwechsel, auch schon in recht kleinen Mengen. Weil es außer den Großeltern, die dem Kind jetzt endlich mal ein Eis kaufen wollen, keinen vernünftigen Grund gibt, würde ich darum auch Industriezucker und zuckerhaltige Lebensmittel möglichst lange fernhalten. Wurst und verarbeitetes Fleisch gilt als krebserregend, Fleisch als “wahrscheinlich krebserregend”.
Hier die Liste der ungeeigneten Lebensmittel für Babys und Kleinkinder:
Lebensmittel | Grund |
Salz | Nierenschäden, Übergewicht, Bluthochdruck |
rohe Eier | Salmonellengefahr |
Süßstoff | Verdauungsprobleme |
Zucker | Übergewicht, Fettleber |
Zusätze mit E-Nummer | veränderte Geschmackswahrnehmung |
fettreicher Raubfisch | Schwermetallbelastung |
Leber | Schwermetallbelastung |
Fisch mit Gräten | Erstickungsgefahr |
Wurst und Fleisch | krebserregend |
Eine komplette Liste zum Download findest Du hier.
Kurz gesagt gibt es also leider keinen Zeitpunkt, ab dem Du von der elterlichen Pflicht “entbunden” bist, auf die richtige Ernährung zu achten. Auch nach dem Babyalter ist es enorm wichtig, darauf zu achten, was und wieviel davon Dein Kind isst.
Denn in den ersten Lebensjahren werden die Vorlieben und Ernährungsgewohnheiten für das gesamte restliche Leben geprägt. Je gesünder, ausgewogener und vielseitiger jemand in diesen Jahren isst, desto besser für seine lebenslange Gesundheit. Während manche von den ersten 2 Jahren oder den ersten 1000 Tagen sprechen, sind andere Experten der Meinung, dass diese Phase die ersten sieben Lebensjahre andauert.
Gleichzeitig ist für die körperliche und kognitive Entwicklung von Kindern immens wichtig, dass sie in den ersten Lebensjahren alle essentiellen Nährstoffe bekommen. Solange sie noch voll gestillt werden, bekommen sie meist alles Nötige über die Muttermilch. Doch im Laufe des zweiten Lebensjahres trinken die meisten Kinder immer weniger von der Brust – und essen dafür mehr feste Nahrung. Nun macht es nicht nur für künftige Ernährungsgewohnheiten einen Unterschied, ob sich kleine Esser überwiegend von Weizennudeln und Kartoffeln ernähren. Auch für die momentane Entwicklung brauchen sie Vitamine, Mineralstoffe und andere Mikronährstoffe.
Ab wann überhaupt anfangen zu essen?
Vielleicht hast Du bei der Aussage, dass Kinder erst im zweiten Lebensjahr anfangen, mehr und mehr zu essen, aufgehorcht? Immerhin suggerieren die meisten Ratgeber ja, dass Babys allerspätestens ab dem 6. Lebensmonat Beikost in Form von Brei bräuchten, um satt zu werden. Sicherlich bist Du auf diese Empfehlung schon gestoßen. Vielleicht auch darüber “gestolpert”, weil Dein Baby dieses Alter schon erreicht hat, aber einfach nicht essen möchte? Dann will ich Dir jetzt zwei Dinge verraten:
- Die Muttermilch oder PRE-Milch liefert auch nach dem 6. Lebensmonat ausreichend Kalorien und Nährstoffe. Du musst Deinem Baby keinen Brei aufzwingen. Wenn Dein Baby nicht satt werden würde, dann würde Dir das ganz sicher auffallen. Denn ein hungriges Baby spielt oder schläft nicht zufrieden – es weint und quengelt ohne Unterlasse. Im Umkehrschluss bedeutet ein weinendes, quengelndes Baby nicht automatisch, dass es nicht satt wird – auch wenn Außenstehende oft genau darauf tippen und Dich damit verunsichern! Es gibt verschiedene Gründe für dieses Verhalten. Auch ein Schub, eine Krankheit, Wachstumsschmerzen oder Zahnen können dazu führen. Manche Kinder sind auch vom Temperament her einfach etwas “quengeliger” gestrickt und brauchen viel Körperkontakt und Rückversicherung von den Eltern.
Sicher ist aber: Wenn Dein Baby fröhlich ist, wächst und gedeiht, dann leidet es vermutlich auch keinen Hunger. Und auch nicht an Eisenmangel oder einer anderen Mangelerscheinung, mit denen die Breiindustrie droht, zumindest nicht langfristig. Wenn Du dahingehend Sorge hast, lass es vom Kinderarzt überprüfen, statt Dein Kind zu irgendetwas zu zwingen. - Jedes Kind entwickelt sich im ganz eigenen Tempo. Während einige schon mit wenigen Monaten fröhlich essen, brauchen viele Kinder sehr, sehr viel länger. Vor allem, wenn Du es Deinem Kind selbst überlässt, in welchem Tempo es sich an feste Nahrung gewöhnt, wie es bei Baby Led Weaning der Fall ist. Meine Söhne haben beide weitaus länger als 12 Monate gebraucht, bis sie nennenswerte Mengen zu sich genommen haben. Beide entwickeln sich prächtig und sind heute gute Esser.
Nahrung anbieten mit Beikostreife
Allerdings gibt es schon gute Gründe, mit der Beikostreife auch tatsächlich feste Nahrung anzubieten. Denn aus medizinischer Sicht gibt es einen Zeitkorridor ab dem 5. – 7. Lebensmonat, in dem sich Kinder besonders gut an Nahrungsmittel und Allergene gewöhnen können. Wenn Kinder in dieser Zeit gar nicht mit fester Nahrung in Berührung kommen, scheint das möglicherweise Nachteile zu haben. Allerdings bedeutet “in Berührung kommen” nicht, dass sie auch nennenswerte Mengen essen müssen! Egal, ob Du Brei füttern oder Fingerfood anbieten möchtest: Wenn Dein Baby nur probieren, spielen oder matschen möchte, dann darfst Du das getrost erlauben. Das Einzige, was passiert, wenn ein Kind später von Milchnahrung auf feste Nahrung umsteigt: Es steigt später von Milchnahrung auf feste Nahrung um. Ob das in eurem Alltag ein Vorteil oder ein Nachteil ist, könnt nur ihr allein beurteilen.
Die WHO (Weltgesundheitsorgansiation) empfiehlt, 6 Monate lang voll (d.h. ausschließlich) zu stillen und danach geeignete Beikost einzuführen, während mindestens 2 Jahre lang weiter gestillt wird. Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) rät dazu, zwischen dem 5.-7. Lebensmonat Beikost einzuführen. In jedem Fall solltest Du noch das Englische Sprichwort bezüglich der Beikosteinführung kennen: Food before one is just for fun. Zu deutsch: Essen ist im ersten Lebensjahr vor allem Spaß.
Muss ich einen Beikostplan einhalten?
Wer sein Baby mit Brei füttert, kennt ihn bestimmt. Auch BLW-Eltern haben sich vielleicht kurz damit beschäftigt – und dann entsetzt Reißaus genommen: Der Beikostplan. Es gibt ihn zum Ausdrucken, zum Abhaken, in Bildern oder Videos: Was soll ein Baby zuerst essen, welches Lebensmittel darf ich wann hinzufügen. Wer Gläschen kauft oder extra Brei fürs Baby kocht, kann das ja noch einigermaßen einhalten. Aber spätestens, wenn mehrere Kinder da sind oder Mütter wenig Zeit haben, wird das echt kompliziert. Das Baby darf jetzt tagelang nur Karotte essen? Oder nur Pastinake? Wie lange? Und braucht es jeden Tag einen Abendbrei?
Baby Led Weaning Eltern ahnen schon: Nein. Auch ohne die vorgegebene Reihenfolge kann man Babys prima ernähren. Natürlich solltet ihr nicht mit Fertigfischstäbchen und Pizza anfangen, aber das versteht sich von selbst, wenn Du Dich ein wenig mit gesunder Ernährung für Kinder beschäftigst. Vor allem Gemüse sollte Dein Kind früh kennen lernen. Nach und nach dürfen dann auch immer mehr kohlenhydratreiche Nahrungsmittel wie Getreide und Hülsenfrüchte, sowie Proteine angeboten werden. Ob Du Deinem Baby Fleisch und Milchprodukte geben möchtest, musst Du selbst entscheiden. In meinen Augen gibt es vieles, was dagegen spricht.
Foto: ©Akarat Phasura – bigstockphoto.com
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