Babys und Tofu
Alles, was Du wissen musst
Als ich selbst ein Kind war, war Tofu etwas sehr Seltenes und Merkwürdiges. Nur im Bio-Laden erhältlich. Geschmack nach feuchter Pappe. Heute bekommt man Tofu in verschiedenen Geschmacksrichtungen in jedem Supermarkt und die Verwendungsweisen und Rezeptideen sind vielfältig. Doch wenn Du Dich fragst, ab wann Du Deinem Baby Tofu geben darfst, scheint die Antwort trotzdem kompliziert.
Ab wann dürfen Babys Tofu essen?
Am wahrscheinlichsten ist es, dass Babys ab 6 Monaten Tofu essen dürfen. Ganz sicher scheinen sich die Experten da aber nicht zu sein. Ich habe Rezepte für Babybrei mit Tofu ab 6 Monaten gefunden, aber auch Aussagen, dass Kinder erst im Schulalter Tofu essen sollten. Dazwischen gibt es verschiedene Altersangaben, ab wann Kinder Tofu essen dürfen, wie 8 Monate oder 3 Jahre.
Die Antwort ist also, wie so oft: Ab wann Dein Baby Tofu essen darf, musst Du am Ende selbst entscheiden. Damit Du für diese Entscheidung gut informiert bist, habe ich alle wichtigen Fakten für Dich recherchiert. Ein wenig macht auch die Menge den Unterschied, denn Tofu probieren dürfen sicherlich auch schon Babys ab Beikoststart. Er zählt sicherlich nicht zu den gefährlichen Lebensmitteln für Babys. Er könnte aber unter Umständen ein Problem darstellen, wenn er täglich und in größeren Mengen gegessen wird.
Verwende immer Soja-Produkte aus dem EU-Raum, denn hier dürfen Sojabohnen nicht gentechnisch verändert sein. Wenn Du auf Bio-Tofu zurückgreifst, reduzierst Du außerdem die Schadstoffe und Pestizide, die über den Anbau im Endprodukt verbleiben.
Enthält Tofu Hormone?
Was genau nun ist das Problem an Tofu und anderen Sojaprodukten? Die Sojabohnen, aus denen Tofu hergestellt ist, enthalten Isoflavone, sogenannte Phytoöstrogene. Das ist ein pflanzlicher Stoff, der dem weiblichen Östrogen ähnelt. Phytoöstrogene haben einen ähnlichen chemischen Aufbau und teilweise eine ähnliche Wirkung im Körper – aber eben nur teilweise. Das heißt, sie können unter bestimmten Umständen an Östrogen-Rezeptoren andocken. Wie genau die Vorgänge und Zusammenhänge sind, ist aber schwer nachzuvollziehen.
Darum wird immer wieder diskutiert, ob Tofu auf den Menschen wirkt wie weibliche Hormone. Männern würden Brüste wachsen heißt es. In normalem Ausmaß haben Phytohormone so eine Wirkung ganz bestimmt nicht. Zumindest nicht bei Erwachsenen, das wurde mittlerweile nachgewiesen.
Für viel Unruhe sorgen Tierversuche, bei denen schwangere Ratten mit großen Mengen der Soja-Östrogen Genistein gefüttert wurden. In Folge zeigten sich Probleme mit der Entwicklung der Sexualorgane bei Männchen – sie waren unfähig, sich zu paaren. Schon ein Blick nach Asien zeigt allerdings, dass diese Beobachtung keineswegs auf den Menschen übertragbar ist: Dort essen Schwangere traditionell Tofu und andere Sojaprodukte und über eine erhöhte Rate von Fehlbildungen der Sexualhormone ist nichts bekannt.
Natürlich macht es auch einen Unterschied, ob man Tofu in normalen Mengen isst oder isolierte Phytoöstrogene in hohen Dosen zu sich nimmt. Diese rationalen Beobachtungen werden auch von einer 2021 veröffentlichten Metastudie gestützt, die klar nachweist, dass weder Soja noch Isoflavone den Pegel der menschlichen Sexualhormone Östrogen oder Testosteron beeinflussen.
Trotzdem empfehlen immer noch viele Institutionen, vorsorglich auf Tofu und Sojaprodukte in der Babyernährung zu verzichten.
Hemmt Tofu die Nährstoffaufnahme?
Auch die im Tofu enthaltene Phytinsäure wird häufig diskutiert. Dieser “Antinährstoff” verhindert die Aufnahme von Kalzium, Magnesium, Kupfer, Eisen und Zink, indem es im Darm vorhandene Mineralien an sich bindet und diese Komplexe unverarbeitet ausgeschieden werden. Ein Nährstoffmangel durch Phytinsäure in der Ernährung konnte bisher aber nicht nachgewiesen werden.
Phytinsäure hat außerdem als sekundärer Pflanzenstoff auch positive Auswirkungen auf den Organismus, z.B. schützt er vor Krebs oder Stoffwechselerkrankungen. Phytinsäure ist in verschiedenen Pflanzen, unter anderem auch in Haferflocken, enthalten. Haferflocken werden uneingeschränkt für die Kinderernährung empfohlen. Fermentierte Sojaprodukte wie Miso oder Tempeh haben weniger Phytinsäure, weil diese während des Fermentationsprozesses aufgespalten wird.
Schwermetalle in Tofu
Der einzige plausible Grund, den ich finden konnte, warum Babys vielleicht lieber keinen Tofu essen sollten: In manchen Tofuprodukten wurden erhöhte Aluminiumwerte gefunden. Aluminium ist ein Leichtmetall, das sich im Gewebe einlagert, wenn es nicht ausgeschieden werden kann. Vor allem im Gehirn können so verschiedene neurologische Defekte entstehen. Autismus wird diskutiert, genauso wie die Alzheimer-Krankheit.
Außerdem neigen Sojabohnen dazu, mehr Schwermetalle einzulagern als andere Pflanzen. Auch Schwermetalle sind eine hohe Belastung für den Körper, insbesondere für Kinder.
Bevor Du jetzt aber panisch von Tofu Abstand nimmst, sollte Dir folgendes klar sein: Aluminium und Schwermetalle sind mittlerweile allgegenwärtig und in vielen unserer Nahrungsmittel wie auch im Trinkwasser enthalten. Deshalb macht es natürlich Sinn, übermäßige Belastungen zu vermeiden und z.B. Aluminium-Kochgeschirr aus dem Haushalt zu verbannen und die Trinkwasserleitungen alter Häuser auf Bleirohre zu prüfen. Viel wichtiger aber ist es, eine ausgewogene, mikronährstofreiche Ernährung zu etablieren. Denn der Körper lagert nur Aluminium ein, wenn er es nicht ausscheiden kann. Dazu braucht er, neben funktionierenden Entgiftungsorganen (Nieren!) vor allem Flüssigkeit und Nährstoffe.
Folgendes kannst Du tun, um die Aluminium-Ausscheidung aus dem Körper zu vereinfachen:
- Auf ausreichend Folsäure, Zink, Selen, Magnesium und Vitamin E in der Ernährung achten
- Silizium für Kinder supplementieren (geschmacksneutrales Pulver)
- Chlorella und Bärlauchextrakt (beides für Babys erlaubt)
- Apfelsäure (Äpfel, Weintrauben, Beeren, Apfelessig) in Kombination mit Magnesium geben
- Apfelpektin (z.B. im geriebenen Apfel)
Wenn Du auf der Suche nach einem guten Mikronährstoff-Konzentrat bist, kannst Du mich gerne kontaktieren.
Keine Säuglingsmilch auf Sojabasis
In einem sind sich die meisten Quellen einig: Sowohl das Bundesinstitut für Risikobewertung als auch der Verband der Kinder- und Jugendärzte warnen vor sojabasierte Säuglingsmilch. Da ist die Zufuhr an Isoflavonen tatsächlich sehr hoch und es gibt Untersuchungen, die negative Auswirkungen andeuten.
Dabei will ich aber noch einmal deutlich sagen, dass das keine abgeschlossenen, verlässlichen Studien sind, sondern nur Hinweise. Es gibt auch Untersuchungen, die das Gegenteil nahelegen.
Darum ist Tofu gesund
Aber warum essen wir heute überhaupt so gerne Tofu? Sojabohnen gehören zu den Hülsenfrüchten und sind reich an:
- pflanzlichen Proteinen
- essentiellen Aminosäuren
- Eisen
- Kalzium
- langkettigen Kohlenhydraten
Das heißt, Tofu ist tatsächlich der perfekte Fleischersatz, aber auch Ersatz für Milchprodukte. Wenn Du Angst vor Hormonen und der Auswirkung auf Dein Baby hast, solltest Du vor allem in herkömmlich produzierten Fleisch- und Milcherzeugnissen suchen, nicht in Tofu. Denn in der konventionellen Tiermast und Nutztierhaltung wird mit Medikamenten und Präparaten gearbeitet, um den Ertrag möglichst hoch zu halten.
Eine Meta-Analyse zu den Auswirkungen von Soja auf den Menschen fand 2019 heraus, dass Sojakonsum möglicherweise das Risiko für Krebserkrankungen sowie für Herzerkrankungen oder einen Schlaganfall reduzieren könnte.
Zerstört Sojaanbau unsere Umwelt?
Einer der häufigsten Vorwürfe gegenüber Veganern und Vegetariern, die viel Sojaprodukte, Tofu und Tempeh essen, ist folgender. Für den Sojaanbau werden die Regenwälder im Amazonas und anderswo abgeholzt. Zusätzlich ist der überwiegende Teil der Sojabohnen genetisch verändert. Auch das könnte Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unsere Umwelt haben.
Beide Vorwürfe sind absolut richtig, keine Einwände.
Aber: Der Großteil der Sojabohnen, die weltweit angebaut werden (je nach Quelle zwischen 80 und 98%) werden nicht für die Produktion von Tofu und anderen Lebensmitteln verwendet – sondern für die Ernährung von Nutztieren. Sprich, für Fleisch- und Milchproduktion. Und genau dahin wandern auch der genetisch veränderten Sojabohnen: Über die Tiere auf unseren Teller. Nicht in Form von Tofu. Der Tofu, den wir essen, stammt aus Europa, wo überwiegend biologisch bzw. nicht genverändert angebaut wird.
Tatsächlich ist es also die Massentierhaltung, die auf vielfältige Weise unsere Umwelt zerstört.
Allergiepotential von Tofu
Tatsächlich reagieren relativ viele Menschen auf Sojaprodukte allergisch. Schon alleine aus diesem Grund würde ich sojabasierte Produkte im ersten Lebensjahr nur vorsichtig verwenden. Meiden solltest Du sie genau aus diesem Grund nicht. Denn während viele Jahre von Medizinern der Ratschlag verbreitet wurde, Lebensmittel mit Allergiepotential möglichst lang zu meiden, wird heute das Gegenteil geraten: Untersuchungen legen nahe, dass ein früher Kontakt mit kleinen Mengen allergener Lebensmittel die Wahrscheinlichkeit verringern, dass Kinder später eine Allergie entwickeln.
Fazit: Tofu für Babys ist in Ordnung
Ich persönlich lasse meine Kinder Tofu essen, seit sie Beikost bekommen. Allerdings kommt bei uns Tofu nicht jeden Tag auf den Tisch, sondern wechselt mit anderen Proteinquellen wie Bohnen, Milchprodukten oder selten auch mal Fisch.
In meiner Lebensmittel-Fibel für Babys findest Du zahlreiche Infos zu verschiedenen Lebensmitteln. Wenn Du eines nicht findest, schreib mir unbedingt einen Kommentar oder eine Nachricht, damit ich das ergänzen kann!
Quellen:
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Säuglingsnahrung aus Sojaeiweiß ist kein Ersatz für Kuhmilchprodukte. Presseinformation 21/2007
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Sojahaltige Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel:
Gesundheitliche Aspekte. Aktualisierte Mitteilung Nr. 36/2023 vom 02. August 2023 - Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte: Säuglingsnahrung aus Sojamilch nicht empfehlenswert. Meldung 30.05.2018.
- Kristen Upson, Margaret A Adgent, Ganesa Wegienka, Donna D Baird, Soy-based infant formula feeding and menstrual pain in a cohort of women aged 23–35 years, Human Reproduction, Volume 34, Issue 1, January 2019, Pages 148–154, https://doi.org/10.1093/humrep/dey303
- Margaret A Adgent, David M Umbach, Babette S Zemel, Andrea Kelly, Joan I Schall, Eileen G Ford, Kerry James, Kassa Darge, Julianne C Botelho, Hubert W Vesper, Donald Walt Chandler, Jon M Nakamoto, Walter J Rogan, Virginia A Stallings, A Longitudinal Study of Estrogen-Responsive Tissues and Hormone Concentrations in Infants Fed Soy Formula, The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, Volume 103, Issue 5, May 2018, Pages 1899–1909, https://doi.org/10.1210/jc.2017-02249
- Chen M, Rao Y, Zheng Y, Wei S, Li Y, Guo T, Yin P. Association between soy isoflavone intake and breast cancer risk for pre- and post-menopausal women: a meta-analysis of epidemiological studies. PLoS One. 2014 Feb 20;9(2):e89288. doi: 10.1371/journal.pone.0089288. PMID: 24586662; PMCID: PMC3930722.
- M. Thrane, T.M. Krieger, X. Zhang, M. Braun, D.C. Hwang, P.W. Paulsen, M.W. Orcutt, Soy Protein: Environmental Impacts, Production, Applications and Nutrition, Sustainable Protein Sources, (31-54), (2024). https://doi.org/10.1016/B978-0-323-91652-3.00003-4
- Reed KE, Camargo J, Hamilton-Reeves J, Kurzer M, Messina M. Neither soy nor isoflavone intake affects male reproductive hormones: An expanded and updated meta-analysis of clinical studies. Reprod Toxicol. 2021 Mar;100:60-67. doi: 10.1016/j.reprotox.2020.12.019. Epub 2020 Dec 28. PMID: 33383165.
Auf Pinterest merken: