Wann soll ein Baby anfangen zu essen und wie viel soll es in einem bestimmten Alter essen? Solche Fragen sind gar nicht so unstrittig und letztlich nur individuell zu beantworten. Wenn Du das Gefühl hast, Dein Baby isst nicht, kann ein ernsthaftes Problem dahinter stecken – oder einfach nur Deine individuelle Wahrnehmung und Erwartungshaltung. In jedem Fall solltest Du weiterlesen und dem “Problem” auf den Grund gehen.
Mein Baby isst nicht – Warum?
Baby ist noch nicht bereit für Beikost
Die offizielle Empfehlung der WHO (Weltgesundheitsorganisation) lautet: Ein Säugling sollte 6 Monate voll (ausschließlich) gestillt werden und danach sollten Eltern geeignete Beikost einführen. Säuglingsnahrung aus industrieller Herstellung wird hier analog zum Stillen genannt. Egal, welche Form von Milch, so weiter, sie sollte bis mindestens zum 2. Geburtstag weiter gegeben werden. Beikost ist also über sehr viele Monate nicht die einzige Nahrungsquelle für Kinder.
Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) empfiehlt, zwischen dem 5. und 7. Lebensmonat anzufangen – also spätestens nach 6 Monaten, möglicherweise auch schon mit 4 Monaten. Früher gab es sogar Empfehlungen von Breiherstellern, schon mit 3 Monaten Brei zu füttern, diese Angabe auf den Gläschen im Supermarkt wurde aber mittlerweile geändert.
Was also nun? Wann soll man nun mit der Beikost anfangen? Die Antwort ist leider so simpel wie kompliziert: Wenn Dein Baby dazu bereit ist. Das kann in Ausnahmefällen schon mit 4 Monaten der Fall sein, dauert aber in den meisten Fällen, bis Babys 5-6 Monate oder älter sind. Wichtig ist, dass Säuglinge die Beikostreifezeichen erfüllen. Vorher ist weder ihr Kauapparat noch ihr Magen-Darm-Trakt bereit für feste Nahrung. Egal, ob Brei oder Fingerfood.
Wenn Du nun also diese Zeichen fehldeutest – oder gar nicht kanntest – kann es durchaus sein, dass Dein Baby nicht essen will. Weil es schlicht und ergreifend noch zu jung und nicht bereit dafür ist.
Die Lösung für Dein “Problem” ist in diesem Fall ganz einfach. Warte mit jedem weiteren Versuch der Beikost, bis Dein Kind die Beikostreifezeichen erfüllt.
Kind ist krank, im Schub oder zahnt
Wenn Dein Baby hingegen schon erfolgreich mit der Beikost gestartet ist und jetzt plötzlich nicht mehr isst, kann das auf jeden Fall auf ein Problem hindeuten. Zunächst würde ich aber einmal die ganz einfachen Ursachen für ein verändertes Essverhalten in Betracht ziehen:
- Dein Baby ist krank
- Dein Baby zahnt
- Dein Baby macht einen Entwicklungssprung
Wer krank ist, mag nicht essen. Das gilt für Babys wie auch für uns Erwachsene. Unser Körper stellt automatisch das Hungergefühl zurück und konzentriert sich auf die Bekämpfung des Infekts statt die Verdauung von Nährstoffen. Solange Dein Baby trotzdem weiter stillt bzw. Pre-Milch trinkt, musst Du Dir in aller Regel keine großen Sorgen machen. Wenn Dein Kind zusätzlich lethargisch wirkt, blass ist und nicht gesund aussieht, suche auf jeden Fall einen Arzt auf. Ansonsten gib ihm viel Milch und viele Kuscheleinheiten, damit es möglichst schnell gesund werden kann. Einige Tage nach überstandenem Infekt kehr bei den meisten Babys das gewohnte Essverhalten zurück.
Auch zahnende Babys mögen oft nicht essen. Das Gefühl im Mund ist unangenehm, vielleicht schmerzt es auch. Auch hier gilt: Solange Dein Baby regelmäßig Milch trinkt, muss es in diesen Phasen nicht essen. Wenn Du Bedenken hast, lass Dir vom Kinderarzt bestätigen, dass Dein Baby gesund ist. Manche Kinder mögen in diesen Phasen auch gerne etwas kaltes essen, z.B. gefrorene Waffeln, Eis oder gut gekühlte Gurkensticks.
Wahrscheinlich hast Du schon einmal von den Entwicklungs- bzw. Wachstumssprüngen bei Babys und Kleinkindern gehört. Jedes Baby steckt in etwa zur selben Zeit in bestimmten Schüben und lernt in diesem Zeitraum besonders viele neue kognitive und motorische Fähigkeiten. Zum Leidwesen von uns Eltern gehen solche Entwicklungsschübe nicht mit fröhlich-neugierigen Kindern einher, sondern mit besonders launischem, weinerlichen und “schwierigen” Verhalten. Davon betroffen ist häufig das Schlafverhalten – und auch das Essverhalten. Auch hier gilt also wieder: Milch, Geduld und Unterstützung durch extra Kuscheleinheiten helfen Deinem Kind in dieser Zeit.
Baby mag keinen Brei – oder kein Fingerfood?
Doch was, wenn Dein Baby beikostreif ist, gesund, nicht zahnt und in keinem Schub steckt – und trotzdem nicht isst? Dann kannst Du mal anfangen zu überlegen, was Du Deinem Baby anbietest und ob es vielleicht daran liegt.
BLW statt Brei
Es gibt immer wieder Babys, die einfach keinen Brei mögen. Entweder die Konsistenz ist ihnen unangenehm oder sie wollen einfach nicht gefüttert werden. Vielleicht sehen sie auch, dass die Erwachsenen oder große Geschwisterkinder etwas anderes essen und wollen dasselbe? Die denkbaren Ursachen sind vielfältig. Die Lösung dafür umso einfacher: Wenn Du klassisch mit Karotten- oder Pastinakenbrei begonnen hast, gib Deinem Kind einfach mal gedünstetes Gemüse in die Hand oder anderes für sein Alter geeignetes Fingerfood. Vielleicht kann die Lösung so einfach sein?
Ein anderer Brei mit mehr Geschmack
Wenn Du vom Beikostplan lieber nicht so weit abweichen möchtest, probiere erst einmal einer anderen Breisorte. Vielleicht klappt selbst gekocht statt gekauft? Oder die Gemüsesorte ist einfach nicht die richtige? Manche Babys mögen auch sehr viel mehr Geschmack im Essen, als man auf Anhieb erwarten würde. Pfeffer oder scharfe Gewürze sind natürlich nicht das richtige, aber andere Gewürze sind auch für Babys erlaubt.
Brei statt Fingerfood
Weil aber jedes Kind einzigartig ist, gibt es auch nicht die eine Lösung oder die “bessere” Form der Beikosteinführung. So kann es auch sein, dass ein Baby im Alter der Beikostreife einfach mit Selberessen noch nichts anfangen kann. Ich kenne auch ein Kind, das einen so vorsichtigen Charakter hat, dass es sich einfach nicht getraut hat, das Essen selbst anzufassen. Immerhin essen die Erwachsenen ja auch hauptsächlich mit Besteck. Er wollte also meistens lieber gefüttert werden. Mein zweiter Sohn hat neben Fingerfood auch manchmal Brei bekommen – einfach, weil ihm das richtig geschmeckt und Spaß gemacht hat.
Wichtig beim Brei füttern finde ich, auf die Signale des Babys zu achten. Also dann zu füttern, wenn es den Löffel wirklich im Mund haben will und sich darauf konzentriert. Einfach zwischendurch reinschieben dagegen ist aus verschiedenen Gründen nicht ideal.
Baby will nicht essen – 9 Monate und älter
Das sind also mögliche Gründe und Lösungen, warum der Beikoststart vielleicht holprig verläuft oder sich verzögert. Doch was, wenn Dein Kind schon 9 Monate, 1 Jahr oder älter ist und immer noch nicht isst? Oder wenn es plötzlich aufhört zu essen und über viele Wochen nicht wieder anfängt? In solchen Fällen solltest Du auf jeden Fall genauer hinschauen.
Baby isst, aber wenig
Zunächst einmal gibt es eine wichtige Unterscheidung zu treffen: Isst Dein Baby gar nicht, also landet kein Essen im Magen, oder isst Dein Baby nur viel weniger, als Du Dir vorgestellt hattest? Denn häufig überschätzen wir Erwachsenen die Menge, die ein Baby braucht. Anfangs hat der kleine Magen noch wenig Platz und manche Babys brauchen erstaunlich wenig Nahrung – und wachsen und gedeihen trotzdem prächtig. Während die gleichaltrige Tochter einer Freundin vielleicht schon ungeheure Mengen verputzt, landen bei Deinem Sohn nur scheinbar mikroskopische Mengen im Babymagen? Das kann völlig normal und in Ordnung sein. Schau nicht auf andere Babys und schau nicht auf die Menge an Nahrung, sondern vor allem auf Dein Baby. Wächst es und nimmt an Gewicht zu? Entwickelt es sich kognitiv und motorisch “normal” und Kinderärzte äußern keine Bedenken? Dann ist vermutlich auch alles in Ordnung mit Deinem Kind.
Nicht umsonst gibt es den Spruch “Food under one is just for fun”. Das bedeutet, dass ein Säugling die ersten 12 Lebensmonate durch die Milch noch bestens versorgt wird und Du in Ruhe abwarten kannst, bis Dein Kind nennenswerte Mengen an fester Nahrung aufnimmt. Was der Spruch nicht bedeutet ist, dass Du Deinem Kind gar kein oder kein abwechslungsreiches Angebot an Beikost machen solltest. Denn ab Beikostreife ist es zwar nicht wichtig, wie viel ein Baby isst, aber durchaus, dass es in Kontakt mit Nahrung kommt.
Fütterstörung
In gar nicht so seltenen Fällen sprechen Mediziner auch von einer Entwicklungsstörung bzw. Anpassungsstörung im Bereich Beikost: Einer Fütterstörung. Von einer Futterstörung spricht man, wenn Babys oder Kleinkinder über einen längeren Zeitraum feste Nahrung und zusätzliche Flüssigkeit ablehnen oder sich das Füttern als sehr schwierig gestaltet. Manche Quellen sprechen von jedem vierten Kind, das in den ersten zwei Lebensjahren solche Probleme entwickelt. Dabei ist maximal jedes 10. Kind von einer mittelschweren bis schweren Problematik betroffen. Meist liegt dann ein traumatisches oder anstrengendes Geburtserlebnis oder andere bekannte Schwierigkeiten (z.B. High Need Baby) zugrunde.
Wenn Dein Kind unter einer echten Fütterstörung leidet, also über mehrere Wochen oder sogar Monate nicht isst, solltest Du unbedingt professionelle Hilfe suchen. Hier sind häufig nicht Kinderärzte die besten Ansprechpartner, sondern Ernährungsberater bzw. Beikostberater.