Eine der am häufigsten genannten Kritik an BLW ist ein angeblich drohender Nährstoffmangel. Die Zusammensetzung der Muttermilch würde sich angeblich um den 6. Monat herum so verändern, dass Babys dringend Nährstoffe von außen, also durch eine große Menge Brei, benötigen, um z.B. keinen Eisenmangel zu entwickeln. Was ist dran an dem Gerücht?
Wird die Muttermilch weniger nahrhaft?
Tatsächlich verändert sich Muttermilch im Nährstoffgehalt nicht sonderlich, egal in welchem Alter. Auch ein zweijähriges Kind wird dadurch noch beinahe optimal versorgt – allerdings braucht es natürlich eine viel größere Menge Milch als ein Neugeborenes. Manche Nährstoffe finden sich auch tatsächlich nicht in dauerhaft ausreichender Menge in der Muttermilch – abhängig von verschiedenen Faktoren, unter anderem der Versorgung der Mutter. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist es sinnvoll, dass Kinder schon früher anfangen, feste Nahrung zu sich zu nehmen.
Weil Muttermilch nach wie vor die optimale Zusammensetzung an Kalorien, Vitaminen, Ballaststoffen und Abwehrstoffen liefert, spricht nichts dagegen, ein Baby so lange nach Bedarf weiter zu stillen, bis es gelernt hat, genügend feste Nahrung aufzunehmen. Und das kann mit BLW auch mal weit über den 12. Lebensmonat hinaus dauern, je nach Kind und Lebenssituation. Auch PRE-Milch aus Milchpulver verändert natürlich seine Zusammensetzung nicht und eignet sich im Zweifel weiterhin als Hauptnahrungsmittel für ein Kind, das noch nicht viel andere Nahrung zu sich nehmen möchte.
Nährstoffmangel durch Baby Led Weaning – Beispiel Eisen
Als Schreckgespenst von BLW-Kritikern muss meist das Thema Eisenmangel herhalten. Die vorgeburtlichen Eisenreserven wären um den 6. Monat herum aufgebraucht und müssten durch Brei aufgefüllt werden. Erst einmal ist das einfach nicht richtig: Die Eisenreserven reichen bei gesunden Kindern meist sogar über das erste Lebensjahr hinaus, weil sie durch Eisenzufuhr aus der Muttermilch bzw. Flaschenmilch ständig aufgefüllt werden. Eine Studie, die den Zusammenhang zwischen fleischhaltigem Babybrei und dem Eisenspiegel bei Babys untersucht hat, hat außerdem ergeben, dass es nichts bringt, Babybrei mit viel Fleisch zu füttern. Egal, wie viel Fleisch der Brei enthielt, dem Baby stand nicht mehr Eisen zur Verfügung.
Auch vom biologischen Standpunkt aus betrachtet wäre es Unsinn, wenn ein Säugling so schnell einen gravierenden Mangel mit schweren Folgen erleiden würde. Dann wäre die Menschheit vermutlich längst ausgestorben. Denn dass Lebensmittel, vor allem Fleisch, in Form von püriertem Babybrei täglich zur Verfügung stehen, ist erst in den letzten ein bis zwei Jahrhunderten vorgekommen. Vorher gehörte es vermutlich zur Normalität, Babys bei Gelegenheit mit passendem Essen zu füttern und sie ansonsten Milch trinken zu lassen.
Mit der Beikostreife beginnen
Trotzdem ist es richtig und wichtig, mit der Beikostreife, die bei den meisten Kindern um den 6. Monat herum einsetzt, auch mit Baby Led Weaning zu beginnen. Denn körperlich wie kognitiv sind Babys in diesem Alter am besten in der Lage, sich an die Aufnahme fester Nahrung zu gewöhnen. So lernen sie, Nahrung mit der Zungenmuskulatur richtig und ohne Verschlucken herumzuschieben, Kaubewegungen zu machen und die Nahrung mit dem Kiefer zu zerquetschen. Sie sind bereit, sich an neue Geschmacksrichtungen zu gewöhnen und eigene Vorlieben zu entwickeln. Auch motorisch sind sie dann in der Lage, sitzend Nahrung aufzunehmen und mit der Hand zum Mund zu führen.
Dieses Lernfenster solltest Du keinesfalls verpassen. Auch im Sinne der Allergieprävention und der Geschmacksprägung ist es wichtig, dass Säuglinge möglichst früh mit verschiedensten Allergenen und natürlichen Geschmäckern in Berührung kommen.
Viele Babys, denen die Zeit dazu gelassen wird, fangen etwa im 9. Monat an, zielstrebig mehr Nahrung aufzunehmen, sodass ein Nährstoffmangel durch Baby Led Weaning in der Regel gar nicht zum Problem wird. Denn um diese Zeit herum sind die Speicher normalerweise noch voll genug.
Woher weiß ich, dass mein Baby alle Nährstoffe hat?
Unser Sohn hat sich viele Monate hauptsächlich von Muttermilch ernährt. Erst, als er mit 10 Monaten angefangen hat, zu laufen, hat er auch feste Nahrung gegessen. Nennenswerte Mengen wurden es aber erst nach dem ersten Geburtstag. Von Nährstoffmangel war bei ihm nie etwas zu bemerken. Er war immer gesund und wuchs und entwickelte sich überdurchschnittlich schnell. Auch heute, 8 Jahre später, ist er gesund und munter.
Natürlich ist das nicht repräsentativ für alle Babys und niemand kann Dir zu 100% garantieren, dass nicht genau Dein Kind eine Ausnahme darstellt. Aber ich kenne kein Kind in meinem Umkreis, das tatsächlich einen gravierenden Mangel erlitten hätte. Allerdings kenne ich einige Mütter, die das einmal jährlich durch ein Blutbild überprüfen lassen. Dazu sprichst Du am besten mit eurem Kinderarzt.
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