Es ist ein leidiges Thema, mit dem wir uns 2025 immer noch herumschlagen müssen. Und das, obwohl das Thema aus ernährungswissenschaftlicher Sicht völlig eindeutig ist: Zucker wird nicht gesünder, weil er in der Kita bzw. im Kindergarten gegessen wird – im Gegenteil erhöht das die Gesamtmenge an gegessenem Zucker und ist damit für viele Kinder sogar schädlich. Leider sind zuckerfreie Kitas immer noch nicht selbstverständlich, wenn auch zum Glück nicht mehr die absolute Ausnahme. Stattdessen gehört es für viele ErzieherInnen und Eltern immer noch „einfach dazu“, dass die Kinder „auch mal was Süßes“ dürfen.
Die Realität zeigt, dass es insgesamt leider nicht bei „auch mal“ bleibt, sondern schon Dreijährige (für Kinder unter drei Jahren konnte ich keine Werte finden) zu viel freien Zucker essen. Dazu gibt es Statistiken und Studien. Ursache könnte sein, dass die Kinder nicht nur im Kindergarten, sondern auch bei der Oma, dem Nachbarn oder den Eltern „auch mal was Süßes“ dürfen und sich das den Tag über summiert. Natürlich gibt es auch zahlreiche Fälle, in denen die Eltern zuckerhaltige Getränke und Lebensmittel nicht als Ausnahme, sondern als Regel geben.
Wenn wir gedanklich ein paar Lebensjahre vorspulen, sehen wir auch das Ergebnis: Fettleibigkeit bei Kindern, Diabetes in jungen Jahren, Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen, all diese „Zivilisationskrankheiten“, die wissenschaftlich nachgewiesen mit erhöhtem Zuckerkonsum zusammenhängen, sind auch dem Vormarsch. 9% der 3- bis 6-jährigen in Deutschland sind übergewichtig!
Das sind Informationen, die jedem zugänglich sind, für viele fast Grundwissen darstellen. Doch was können wir Eltern tun, wenn ErzieherInnen und Leitungspersonal sich trotzdem verhalten, als würden wir versuchen, ihnen persönlich die Butter vom Brot zu stehlen? Die Emotionen kochen aus irgendeinem Grund hoch, wenn es um das Thema Zuckerkonsum geht. Wer es schon einmal versucht hat, weiß, wie frustrierend und emotional es ist, das auch nur anzusprechen. Was also tun?
Gespräch suchen – aber richtig!
Natürlich ist ein persönliches Gespräch die erste, zwischenmenschliche Maßnahme. Denn nur, wenn wir über Probleme oder Unzufriedenheit kommunizieren, kann sich was ändern. So weit warst Du wahrscheinlich auch schon. Wahrscheinlich scheust Du Dich aber davor, den Erziehern oder der Kita-Leitung Vorwürfe über ihren Umgang mit Zucker in der Kita zu machen, oder?
Emotionen und Argumente der Gegenseite
Völlig zu Recht, denn solche Gespräch werden nicht selten emotional und enden mindestens mit gereizten, wenn nicht sogar wütenden Worten. Die meisten zucker-kritischen Eltern werden als hysterisch oder kleinlich hingestellt. Es kommen Gegenargumente, warum Zucker und Süßigkeiten im Kindergarten total okay oder sogar wichtig sind. (Zur fachlichen Diskussion deshalb weiter unten mehr.)
Tatsächlich diskutieren viele hier aber gar nicht auf der sachlichen Ebene, sondern auf der Emotionalen. Sie versuchen, ihr Verhalten, von dem sie tief drinnen schon wissen, dass es verbesserungwürdig ist, zu verteidigen. Sie möchten nicht in Frage gestellt werden.
Vorwürfe vermeiden
Ich würde Dir darum empfehlen, es etwas anders anzugehen: Wirf den Erziehern nichts vor, auch nicht implizit. Niemand wird gerne kritisiert oder zurechtgewiesen, vor allem nicht, wenn er sich als Fachperson fühlt und das Gegenüber „nur Laie“ ist. Denn immerhin, das kann man schon so sagen, ist das pädagogische Fachpersonal in der Kindertagesstätte ja verantwortlich für das, was dort passiert. Wenn sie Deinem Kind also gesundheitlichen Schaden zufügen, indem sie ihm zu Fasching mehrere Krapfen und dazu noch Süßigkeiten aus verschiedenen Spielen essen lassen (mir genau so passiert), müssten sie sich streng genommen dafür rechtfertigen.
Und genau so werden sich die Erzieher fühlen, wenn Du sie konfrontierst: Als müssten sie sich rechtfertigen.
Grundannahme: Fachpersonal ist auf Deiner Seite
Geh stattdessen mit einer anderen Grundannahme ins Gespräch: Dein Gegenüber ist wohlwollend den Kindern gegenüber und möchte ihnen keinesfalls Schaden zufügen. Sie sind deshalb natürlich auf Deiner Seite. So die Annahme. Das Personal in der Kita hat einfach noch nicht darüber nachgedacht, weil es lange ja als „normal“ galt, Kindern Zucker zu geben und der Zuckergehalt in Lebensmitteln insgesamt zugenommen hat.
Die weitere Annahme, die Du für das Gespräch treffen kannst (ganz egal, ob es zutrifft oder nicht), um für eine positive, konstruktive Atmosphäre zu sorgen: Die Kita gibt sich große Mühe, im Regelfall die erlaubte Zuckermenge pro Tag für die Kinder nicht zu überschreiten. Betone ruhig solche positiven Grundannahmen. „Ich weiß, dass ihr bewusst mit Zucker umgeht und darauf achtet, dass die Kinder nicht zu viel bekommen.“
Die Zeiten haben sich geändert
Die Situation hat sich aber in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert. Und damit meine ich nicht nur die Erkenntnis, welchen Schaden erhöhter Zuckerkonsum anrichtet. Sondern auch die Ernährung außerhalb der Kita, das „normal“ hat sich verändert. Freier Zucker, also zugesetzter Industriezucker, steckt nicht nur in Lebensmitteln, die man als „süß“ einstufen würde und auch als solches wahrnimmt. Also nicht nur in Süßigkeiten, Kuchen oder Nachspeisen. Zucker ist längst kein Luxusgut, keine Ausnahme mehr, wie es früher war. Stattdessen steckt er in so vielen alltäglichen Lebensmitteln, wo ihn weder Erzieher noch Eltern wahrnehmen.
6 Teelöffel pro Tag sind da schnell erreicht.
Das Fachpersonal in der Kita weiß aber darüber natürlich Bescheid. Sie achten darauf, insgesamt nicht zu viel zuckerhaltige Lebensmittel bzw. Getränke anzubieten. So die Grundannahme, die Du möglichst deutlich zum Ausdruck bringst. Sie wollen ja das Beste für die Kinder, das weißt Du.
Schutz der sozial schwachen Kinder
Die WHO empfiehlt, maximal 10% des täglichen Energiebedarfs in Form von zugesetzte Zucker zu sich zu nehmen. Für Erwachsene sind das etwa 50 g freier Zucker pro Tag. Für ein Kind im Kindergartenalter ist die täglich tolerierbare Zuckermenge weitaus geringer und z.B. mit einem Becher Kakao oder einem Nutellabrot erreicht.
Und nun kommt der Clou: Eine Erzieherin kann nicht wissen, wie viel Zucker ein Kind zuhause zusätzlich erhält, teilweise schon vor dem Kita-Start!
Die Kinder essen ja nicht nur im Kindergarten, sondern auch zuhause. Während Süßigkeiten in der Kita für Kinder, die zuhause sehr wenig oder keinen freien Zucker bekommen, kein Problem entsteht, gibt es viele Kinder, die dadurch regelmäßig die maximale Menge überschreiten – mit zu erwartenden Folgen für die Gesundheit. Statistisch gesehen sind das häufiger Kinder sozial schwacher Familien. Und genau diese Kinder gilt es zu schützen.
Zucker hat keine Vorteile
Dabei sollte klar sein, dass es keinerlei Vorteile von Zucker gibt. Es gibt keinen Grund, die maximal tolerierbare Menge auszuschöpfen. Das Kita-Personal schadet also ganz bestimmt keinem Kind, wenn es den Zucker weglässt. Es schadet aber vermutlich einigen oder sogar vielen Kindern, die Zuhause auch „ein bisschen was Süßes“ dürfen.
Gespräch mit der Leitung
Aber was, wenn das Gespräch mit den Erziehern nichts bringt? Wenn sie abblocken, wütend werden oder ihren Zucker für die Kinder vehement verteidigen. Ich musste mir zum Beispiel sowas anhören wie die Erzieherinnen fänden es „traurig“ (wirklich?!?! seit wann stehen die Befindlichkeiten des Personals über der Gesundheit der Kinder?!), wenn die Kinder zum Frühstück nur Wasser trinken sollten. Als würden ungesüßte Tees nicht existieren.
Natürlich kannst Du die Leitung um ein Gespräch bitten und hoffen, dass sie einsichtiger ist. Wende hier dieselbe Gesprächstaktik an wie mit den Erziehern: Geh verbal davon aus, dass sie eine gute Leitungsperson ist und am Wohlergehen der Kinder vollumfänglich interessiert ist. Unterstelle ihr verbal, dass sie natürlich Deiner Meinung ist, was den Zuckerkonsum bei Kindern angeht, und sich gar nicht so deutlich bewusst ist, wie das in den Gruppen gehandhabt wird. Lass Dich möglichst nicht auf Diskussionen in der Frage ein, ob Zucker okay ist oder nicht. Geh einfach davon aus, dass ihr derselben Meinung seid und betone auch hier, dass die schwachen Kinder geschützt werden müssen.
Weise sie darauf hin, dass die „zuckerfreie Kita“ ja schon fast Standard ist bei Neugründungen oder richtig guten Einrichtungen. Geh davon aus, dass sie zu diesen guten Einrichtungen gehören will. Weise sie auch darauf hin, dass die Kita bewusst gegensteuern kann, was den übermäßigen Zuckerkonsum zuhause angeht. Dass das eine neue Entwicklung ist, die neue Leitlinien in der Kinderbetreuung erfordert.
Vortrag oder Infoblatt anbieten
Du kannst auch anbieten, einen Vortrag oder ein Infoschreiben auszuarbeiten, das den Eltern helfen soll, zu verstehen, wie Zucker auf ihre Kinder wirkt und welche langfristigen Folgen zu erwarten sind, wenn die Kleinen täglich zu viel Zucker bekommen.
Damit vermeidest Du erst einmal unangenehme Forderungen an das Fachpersonal in der Hoffnung, dass auch sie die Informationen aufnehmen. Denn manchmal, das kennst Du selbst bestimmt auch, wissen wir Erwachsenen theoretisch ganz genau, was richtig wäre. Aber im Alltag vergessen wir das gerne mal mit der innerlichen Beruhigung, dass die anderen es ja auch so machen. Dann kann’s schon nicht so schlimm sein. Ist ja „normal“.
Wenn wir aber sachlich gut recherchiert und zusammenhängend auf die Problematik aufmerksam gemacht werden, kann das doch einiges bewirken und motivieren, es jetzt endlich richtig zu machen. Infos, die Du benötigst, findest Du zum Teil am Ende dieses Artikels, kannst Du aber auch recht einfach selbst recherchieren. Wie gesagt sind das Informationen und Forschungsergebnisse, die theoretisch jedem zugänglich sind.
Mit anderen Eltern ins Gespräch kommen
Natürlich kannst Du jederzeit die anderen Eltern mit ins Boot holen. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ihr euch hier mehr oder weniger einig seid, also ein großer Teil der Eltern ähnlich denkt, wie Du, hast Du die beste Verhandlungsgrundlage. Egal, ob ein Gespräch mit dem Personal schon stattgefunden hat. Dann musst Du nur noch zu den Erziehern gehen und sagen „Wir Eltern wollen nicht…“
Dass diese Maßnahme aber auch sehr in die Hose gehen kann, musste ich am eigenen Leib erfahren. Als mein erster Sohn mit 1 Jahr in der Kita war und ich die tägliche zuckerhaltige Nachspeise beim Elternabend angesprochen habe, hieß es nur „Also ich weiß ja nicht, ob meine Tochter den Joghurt noch essen würde, wenn da kein Zucker drin ist.“ Die anderen Eltern schwiegen. Und ich fand eine individuelle Lösung für meinen Sohn, indem ich ihn entsprechend früher abholte.
Als es bei meinem zweiten Sohn im Kindergarten plötzlich Sirup (!?) als Standardgetränk gab, bat ich die anderen Eltern in der WhatsApp Gruppe um ihre Meinung. Die Diskussion war hitzig und am Ende machten wir eine Abstimmung: 10 von 16 Eltern wollten, dass ihre Kinder zuckerhaltigen Sirup zur Verfügung gestellt bekommen. Ich war sprachlos und fand für meinen Sohn eine individuelle Lösung.
Aber: Was ich zumindest erreichen konnte, weil die Elternsprecherin mit der Erzieherin gesprochen hat: Ab sofort gibt es Sirup ohne Zucker, dafür mit Xylit. Immerhin nicht mehr kariogen.
Elternbeirat / Elternversammlung
Bist Du jemand, der auf Elternabende geht oder sogar im Elternbeirat aktiv ist? Dann ist es für Dich ein Leichtes, das Thema dort mal anzusprechen. Vielleicht findest Du hier verbündete. Denn oft sind da die eher engagierten Eltern, die vielleicht eher Deiner Meinung sind.
Bereite Dich auf jeden Fall gut vor, denn auf jeden Fall werden Gegenargumente und viel emotionale Reaktionen kommen. Ob Du Dich durchsetzen kannst, kann hier tatsächlich von den Argumenten abhängen.
Die Argumente – wer hat Recht?
„Argumente“ für Süßigkeiten im Kindergarten entkräften
Von einigen, vielleicht sogar vielen, Eltern, wirst Du vermutlich dargestellt werden wie ein Ernährungsfetischist, der ihren Kindern keinen Spaß gönnt. Der ihnen etwas wegnehmen möchte. Süßigkeiten seien ein normaler Teil des Alltags. Verbote würden nur den Drang schüren, es doch zu tun.
„Verbieten macht es nur interessanter“
Wirklich? Ja klar, man weiß ja, wohin diese Verbote in der Kita führen, anderen Kindern nicht weh zu tun, oder die Spielsachen nicht kaputt zu machen. Die Kleinen gehen raus und schlagen alles kurz und klein. Nicht. Denn Verbote gehören für Kinder tatsächlich zum Alltag. Und wenn wir mal ehrlich sind, wollen wir ja den Kindern gar nichts verbieten, sondern den Erwachsenen. Nämlich, in der Kita Zucker zur Verfügung zu stellen.
Niemand hat vor, die Kleinen vor eine Schüssel Süßigkeiten zu setzen und zu sagen „Nee, nee, das darfst Du nicht“.
Genauso wie es in der Kita andere Sachen, die sie vielleicht von zuhause kennen, einfach nicht gibt, ist das psychologisch auch mit Süßigkeiten kein Problem. Ein Problem gibt es wenn überhaupt nur, wenn das Kind etwas sieht, dann aber verboten bekommt. (In anderen Situationen nennen die Menschen das „Erziehung“ und sagen so Sätze wie „Er muss jetzt aber mal lernen, dass er nicht immer alles haben kann.“ Nur bei Zucker ist das plötzlich nicht richtig, etwas zu verbieten.)
Auch, dass das wissenschaftlich nachgewiesen sei, höre ich oft. Dass ein Verbot dazu führe, dass Kinder dann umso mehr davon essen. Ich habe lange recherchiert, um diesen wissenschaftlichen Nachweis zu finden. Ich habe ihn nicht gefunden. Was ich stattdessen gefunden habe, ist ein Experiment mit Kindern und verschiedenfarbigen M&Ms. In der ersten Phase durften sie eine bestimmte Farbe nicht essen, in der zweiten schon. Und – wer hätte das erraten können – sobald sie es durften, haben sie die vorher verbotene Farbe umso lieber gegessen.
Ansonsten habe ich nur Nachweise gefunden für das, was auch der gesunde Menschenverstand bzw. meine Erfahrung sagt: Die Ernährung, die wir unseren Kindern angewöhnen, setzt sich tendenziell im späteren Leben fort. Kinder, die wenig Zucker bekommen, essen weniger Zucker.
„Süßigkeiten sind ein normaler Teil des Alltags“
Ja, das stimmt. Genauso wie Karies, Diabetes, Übergewicht und Hyperaktivität ein normaler Teil des Alltags sind. Merkste selbst, oder?
Und genau weil Süßigkeiten für viele Familien Teil des normalen Lebens sind, sollte es sie in der Kita nicht auch noch geben! Denn bei kleinen Kindern ist, wie oben beschrieben, die Höchstmenge an Zucker schnell erreicht.
„Die Dosis macht das Gift“
Abgesehen davon, dass dieser Spruch in den allermeisten Fällen rechtfertigen soll, dass viel zu viel Zucker gegeben wird, geht es bei Süßigkeiten im Kindergarten genau darum: Die Dosis für die Kinder nicht zu überschreiten! Dieses „Argument“ spielt Dir also in die Karten. Eine Studie des Max-Planck-Instituts aus 2018 hat nachgewiesen, dass Eltern den Zuckergehalt und damit den Zuckerkonsum ihrer Kinder völlig unterschätzen. Demnach verzehren Kinder in Deutschland etwa doppelt so viel Industriezucker wie von der WHO empfohlen – mit einem entsprechend erhöhten Risiko für deren Gesundheit.
„Kinder brauchen Zucker“
Und was ist nun mit der Energie, die die Kleinen aus dem Zucker gewinnen? Traubenzucker sei gut für die Konzentration, hört man manchmal. Tatsächlich brauchen Kinder nicht ein einziges Gramm isolierten Zucker in ihrer Ernährung, um gesund zu wachsen. Das wäre auch merkwürdig, denn wie hätte die Menschheit sonst die Jahrtausende vor der Entdeckung industrieller Lebensmittel überstanden?
Natürlich ist Zucker ein natürlich vorkommender Stoff, der in verschiedenen Formen in Obst oder anderen Pflanzen vorkommt. Deshalb steckt Zucker nicht nur in Lebensmitteln, wo auch Zucker drauf steht. In Brot oder Nudeln sind Kohlenhydrate, die unser Körper zu kleineren Einheiten aufspaltet wie Glucose – eine von mehreren Zuckerarten. Je weißer das Mehl (je niedriger die Zahl auf der Packung), desto schneller geht der Prozess im Körper. Teilweise beginnt er sogar schon im Mund. Auch über Obst nehmen wir Zucker auf. Zusätzlichen Industriezucker braucht unser Körper definitiv nicht. Auch nicht für die Energie in der Kindheit.
Und wenn Du bei den Argumenten der anderen Eltern oder Erzieher manchmal das Gefühl bekommst, Du würdest übertreiben… Tust Du nicht! Die Wissenschaft, ja sogar die Regierung ist hier auf Deiner Seite!
Die Argumente gegen Süßigkeiten im Kindergarten
Das BZfE rät zum Beispiel zu „sehr maßvollen Regeln zum Zuckerkonsum“ im Kindergarten. Wenn man deren Präsentation liest, bekommt man das Gefühl, am liebsten würden sie es aussprechen: Keine Süßigkeiten im Kindergarten! Aber, vielleicht aus taktischen Gründen und weil das für viele Erwachsene zu radikal wäre, bringen sie sachlich alle Argumente vor und raten an, dass Erzieher sich vertieft mit dem Thema auseinandersetzen.
Bundeszentrum für Ernährung empfiehlt, im Team eine Lösung zu reflektieren und diese im Verpflegungskonzept bzw. pädagogischen Konzept festzuhalten.
Karies
Zucker verursacht Karies, darüber herrscht mittlerweile Konsens. Eine geringe Zuckerzufuhr ist neben einer guten Zahnpflege und Mundhygiene ausschlaggebend für die Zahngesundheit – ein Leben lang!
Dabei geht es nicht nur um klassische Süßigkeiten, sondern auch um zuckerhaltige Getränke wie Fruchtsäfte oder Sirups. In 200 ml Orangensaft stecken z.B. 7 Würfel Zucker. Dieser umspült die Zähne, deren Zahnschmelz von der Säure im Saft bereits angegriffen bzw. aufgeweicht ist. Zuckeralternativen wie Süßstoffe oder Zuckeralkohole werden für Kinder ebenfalls nicht zum Dauerkonsum empfohlen. Ebenso haben „natürliche“ Süßungsmittel wie Honig-, Agavendicksaft oder Sirup in der Kinderernährung nur in Ausnahmefällen einen Platz. Sie sind in der Regel ebenfalls kariogen, d.h. sie verursachen Karies.
Übergewicht, Diabetes, Entzündungen und Co.
Die Liste der „Zivilisationskrankheiten“, mit denen erhöhter Zuckerkonsum in unzähligen Studien in Verbindung gebracht wurde, ist lang. Hier nur mal die gängigsten:
- Adipositas
- Diabetes Typ 2
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Karies
- Schlaganfall
- Demenz / Alzheimer
- Leberschädigungen / Fettleber
- chronische Entzündungen
- Depressionen
- Konzentrationsstörungen
- Schlafstörungen
Und wir sprechen hier, wie gesagt, nicht von einem Risiko, das nur auf Ausnahmen zutrifft. Wir sprechen hier von sehr vielen Kindern und Erwachsenen in Deutschland, die entgegen der eigenen Meinung zu viel Zucker zu sich nehmen!
Denn die „Ausnahmefälle“ sind aber leider bei sehr vielen Familien nicht die Ausnahme, sondern die Regel. In einer Umfrage unter den Vorschuleltern meiner Kita gestartet habe gaben 65 % an: „Mein Kind soll täglich zuckerhaltige Getränke zum Frühstück erhalten“ (exakter Wortlaut!). Es ist also davon auszugehen, dass die vielleicht in den Augen der Erzieherinnen geringe Menge oder Ausnahme eben genau das nicht ist – sondern den zuhause schon zu hohen Zuckerkonsum noch mehr in die Höhe treibt.
Ein Verzicht auf zuckerhaltige Speisen und Getränke im Kindergarten mindert ganz gewiss nicht den pädagogischen Wert oder die Freude der Kinder – hat aber zahlreiche Vorteile für Gesundheit (Zahngesundheit, Darmflora, Metabolismus) und Geschmacksprägung. Es gehört in meinem Verständnis zum Erziehungsauftrag einer Kindertagesstätte, dem aktuellen Ernährungsverhalten in Deutschland etwas entgegen zu setzen – und es nicht zusätzlich zu stützen. Kindern fällt es nicht schwer, auf etwas zu verzichten, was nicht angeboten wird – umso schwerer können sie sich aber im Bezug auf Zucker selbst regulieren.
Und dabei geht der Erziehungsauftrag vom Kindergarten weit über den Schutz vor zu viel Zucker in dieser Zeit hinaus – genau in dieser so wichtigen Phase für das Essverhalten, das in den ersten Lebensjahren für’s ganze Leben geprägt wird, kann man so viel echte Lebensmittel ohne Zucker als Alternativen bieten.
Welche Erfahrungen hast Du mit Zucker und Süßigkeiten im Kindergarten gemacht? Welche Informationen fehlen Dir noch?
Quellen:
- https://www.bzfe.de/bildung/material-fuer-kita-und-tagespflege/umgang-mit-zucker-in-der-kita/
- https://www.kita-schulverpflegung.nrw/projekt-kita-und-schulverpflegung-nrw/umgang-mit-suessigkeiten-in-der-kita-39700
- https://www.pharmazeutische-zeitung.de/weiterhin-zu-viel-zucker-fuer-kinder-und-jugendliche-149406/
- Perrar I, Roßbach S, Buyken AE et al. Time and age trends in sugar intake among German children and adolescents – results from the DONALD study: 25th European Congress on Obesity, S. Karger AG, Basel (2018)
- https://www.nature.com/articles/s41366-018-0021-5
- Dallacker, M., Hertwig, R., & Mata, J. (2018). Parents’ considerable underestimation of sugar and their child’s risk of overweight. International Journal of Obesity. Advance online publication.