Vegane Ernährung und veganer Lebensstil liegen voll im Trend. Immer mehr Menschen wollen ihr Leben ohne tierische Produkte meistern. Doch was, wenn diese Menschen Eltern werden? Kann man ein Baby vegan ernähren? Oder ist das sogar gefährlich oder strafbar, wie es oft heißt?
Kinder vegan ernähren: Das sagt das Gesetz
Ist es strafbar, Babys vegan zu ernähren? Nein, eine vegane Ernährung ist gesetzlich nicht strafbar, auch nicht, wenn Sie bei Kindern durchgeführt wird. Allerdings wird immer wieder darauf hingewiesen, dass es schwierig sein kann, Nährstoffmangel, der durch vegetarische und vegane Ernährung hervorgerufen werden kann, zu erkennen und entgegenzuwirken. Wer ärztliche Empfehlungen ignoriert, kann aber durchaus Probleme mit dem Jugendamt und Gesetzgeber bekommen.
Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/vegane-ernaehrung-kann-risiken-haben-417018
Sollte ein Kinderarzt Vitamin B12 Mangel feststellen und das Jugendamt einschalten, können Eltern unter Umständen das Sorgerecht verlieren. Wer unaufgeklärt Mangelerscheinungen bei seinem Kind in Kauf nimmt und diese nicht durch Supplemente ausgleichen will und sich nicht an die ärztlichen Ratschläge hält, kann unter Umständen wegen Kindeswohlgefährdung mit Sorgerechtsentzug rechnen.
Quelle: https://veganes-recht.de/veganes-familienrecht
Baby vegan ernähren: Ist das gefährlich?
Solange Du Dich gut um Dein Kind und seine Ernährung kümmerst, darfst Du also Dein Baby vegan ernähren. Genauso, wie Du als Elternteil entscheiden darfst, ab wann es Zucker bekommt, ob Du ihm lieber Butter oder Margarine aufs Brot schmierst oder ob es im Elternbett schlafen darf oder nicht.
Extreme Ernährung kann gefährlich sein
Allerdings gibt es immer wieder Berichte in verschiedensten Medien, in denen vor veganer Ernährung bei Babys und Kleinkindern gewarnt wird. Hier zwei Beispiele:
- https://www.welt.de/gesundheit/article150851106/So-gefaehrlich-ist-vegane-Ernaehrung-fuer-Kinder.html
- https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/eltern-ernaehrten-baby-vegan-die-folgen-sind-erschreckend,RZqeA92
Von gefährlichem Nährstoffmangel, Hirnschädigungen, Vernachlässigung bis hin zum Tod der Kinder ist die Rede. Denn tatsächlich enthalten tierische Produkte und Fleisch viele der für Kinder lebenswichtigen Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. Allerdings sind diese, bis auf eine Ausnahme, auch in pflanzlichen Lebensmitteln zu finden.
Wenn Eltern ihr Baby sehr einseitig ernähren, kann das zu starken Beeinträchtigungen von Gesundheit und Entwicklung führen. Egal, welche Nährstoffe man ihm vorenthält. Diese Gefahr besteht auch bei einer Ernährung mit viel Fleisch (und wenig Gemüse) oder hauptsächlich Fertigprodukten.
Gut planen und informieren ist wichtig
Wer sich genauer mit der Thematik und der Berichterstattung beschäftigt, stellt also schnell fest: Es ist problemlos möglich, ein Baby und Kleinkind vegan oder zumindest vegetarisch zu ernähren. Allerdings geht das nicht ohne entsprechendes Fachwissen und Planung, sowie Nahrungsergänzungsmittel. Mit einer ausgewogenen Ernährung und einer Ergänzung des Vitamins B12 ist es aber durchaus möglich, ein Baby ab Beikostalter vegan zu ernähren.
Weil manche veganen Eltern aber sehr dogmatisch und wenig überlegt vorgehen, warnen viele Ärzte generell davor, dass Eltern ein Baby vegan ernähren. Aus Sicherheitsgründen wird diese Warnung also verallgemeinert. Besser wäre es, Eltern entsprechend aufzuklären und auf die tatsächlichen Risiken einer Mangelernährung hinzuweisen – und das nicht nur im Fall von veganen Eltern. Denn auch bei Kindern, die omnivor ernährt werden, also alles essen, kommen Mangelerscheinungen vor. Natürlich lässt sich daraus aber keine so plakative Schlagzeile erstellen.
Ist ein veganes Baby gesünder?
Richtig umgesetzt, gilt die vegane Ernährung sogar als durchaus gesünder als ein Leben mit tierischen produkten. Personen, die sich vegan ernähren, sind oft gebildeter, bewegen sich mehr an der frischen Luft und handeln gesundheitsbewusster. Denn im Normalfall beschäftigen sich Veganer sehr intensiv damit, welche Nahrungsmittel sie benötigen, um alle Nährstoffe abzudecken und lassen nicht einfach über Nacht tierische Produkte weg.
Es gibt außerdem Studien, die einer frühen Exposition von Milchprodukten und Rindfleisch entgegen sprechen, denn diese kann offenbar das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen im späteren Leben erhöhen. Auch gibt es immer mehr Stimmen, die tierische Proteine für fast alle Zivilisationskrankheiten verantwortlich machen – zumindest wenn man so viel davon isst, wie die meisten Menschen in unserer Kultur.
Wichtige Nährstoffe in vegane Babyernährung integrieren
Auf welche Nährstoffe genau muss man bei veganer Beikosteinführung achten? Im Prinzip sind es dieselben wie bei der „normalen“ Ernährung von Babys und Kleinkindern, nur stammen sie eben aus anderen Quellen. Am schwierigsten abzudecken sind in der veganen Ernährung von Babys die Zufuhr an Eisen, Zink, Jod, Kalzium, Omega-3-Fettsäuren, Vitamine B2 und B12.
Eisen
Eisen ist unter anderem wichtig für die Bildung der roten Blutkörperchen, die den Sauerstoff in die Körperzellen transportieren. Ein Eisenmangel führt zu Müdigkeit und Erschöpfungszuständen und langfristig zu einer Blutarmut. Für Säuglinge und Kleinkinder, bei denen sich das Gehirn wahnsinnig schnell entwickelt und wächst, ist eine gute Sauerstoffversorgung enorm wichtig. Deshalb füllen sich die Eisenspeicher eines Säuglings während der Schwangerschaft in ausreichendem Maße. Über die Muttermilch wird laufend weiter Eisen zur Verfügung gestellt.
Mit schwindender Muttermilch schwinden langsam auch diese Vorräte – allerdings nicht über Nacht, sondern ganz allmählich. In der traditionellen Breikost wird aus Angst von einem Eisenmangel relativ früh rotes Fleisch verabreicht. Allerdings zeigen neuere Studien, dass dies keine Auswirkung auf den Eisenspiegel eines Säuglings hat – fleischreicher Babybrei führt nicht zu einem höheren Eisenspiegel. Und auch wenn Fleisch viel Eisen enthält, gibt es genügend pflanzliche Lebensmittel wie eisenreiche Getreidesorten (Hafer, Hirse, Amaranth) oder Gemüse (Spinat, rote Beete, Petersilie), um den Eisenbedarf eines Säuglings decken zu können. Auch Vitamin-C erhöhte die Eisenaufnahme, deshalb kann man die eisenreichen Lebensmittel mit Vitamin-C-haltigen (Zitrusfrüchte, Blumenkohl, Paprika, Kartoffel) kombinieren. Im Zweifel kann man auch einen Arzt zu Rate ziehen, der mit einem kleinen Pieks in den Finger den Eisenspiegel im Blut überprüfen kann.
Vitamin B12 und Vitamin B2
Während Erwachsene ihre Vitamin-B12-Speicher für etwa 10 Jahre gefüllt haben, ist der Bedarf bei Babys und Kleinkindern sehr hoch. Vitamin B12 kommt tatsächlich fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vor, weil es im Darm der Tiere gebildet wird. Warum es auf der Welt Völker gibt, die sich völlig ohne tierische Produkte ernähren und keinen Mangel an Vitamin B12 haben, ist nicht sicher geklärt. Weil ein Vitamin-B12-Mangel für die Entwicklung von Babys und Kleinkindern verheerend sein kann, raten ausschließlich alle Quellen – egal ob sie ansonsten für oder gegen die vegane Ernährung von Babys sind – zu einer Nahrungsergänzung mit Vitamin B12, wenn man sein Baby vegan ernähren möchte.
Vitamin B2 kann man mit vielen Gemüsesorten zuführen. Zum Beispiel Brokkoli, Champignons oder Nüsse enthalten viel Vitamin B2. Während Du einem Baby oder Kleinkind niemals ganze Nüsse füttern solltest, sind Nussmus oder gemahlene Nüsse kein Problem.
Jod
Jod kommt in tierischen Nahrungsmitteln wie Fisch vor – aber auch in Erdnüssen oder Champigons. Für vegan ernährte Babys und Kinder gibt es Jod auch in angereicherter Form, Erwachsene erhalten auch Jod aus angereichertem Jodsalz. Im Zweifel kann auch hier ein Mediziner weiterhelfen. Ein Jodmangel kann für ein Baby gravierende Auswirkungen bis hin zur Entwicklungsverzögerung haben. Die meisten Vegetarier und Veganer substituieren Jod.
Zink
Zink ist unter anderem sehr wichtig für ein funktionierendes Immunsystem. In einer veganen Beikost kann Zink durch Nüsse und Vollkornprodukte ausreichend zugeführt werden.
Kalzium
Die Meinung, dass vor allem in Milch Kalzium enthalten sei, hält sich hartnäckig. Dabei findet sich Kalzium, das für die Entwicklung von Knochen und Zähnen sehr wichtig ist, auch in Nüssen, Brokkoli, oder Grünkohl.
Omega-3-Fettsäuren
Omega-3-Fettsäuren sind ungemein wichtig für die Entwicklung des Gehirns, besonders für den Frontallappen. Zwei der drei Omega-3-Fettsäuren (DHA und EPA) finden sich in Fisch, Meeresfrüchten, bestimmten Algen. Veganer können sie ganz einfach durch die Verwendung von kleinen Mengen Algenöl zuführen. Die dritte Omega-3-Fettsäure (ALA) findet sich ausschließlich in pflanzlichen, also veganen Produkten wie Nüssen, Leinsamen, Raps oder Hanf. In einer ausgewogenen Ernährung aller Babys sollten davon daher genügend enthalten sein. Vegane Säuglinge sind hier möglicherweise sogar besser versorgt, weil sie mehr pflanzliche Lebensmittel essen.
Vitamin D
Auch für Babys, die nicht vegan ernährt werden, wird im ersten Lebensjahr eine Prophylaxe mit Vitamin-D-Präparaten empfohlen. Vitamin D ist biochemisch gesehen gar kein Vitamin, sondern eigentlich ein Hormon, das im Körper gebildet wird, wenn Sonne auf die Haut scheint. Ein Mangel dieses Hormons wirkt sich unter anderem auf die Knochenaushärtung aus.
Veganes Milchpulver oder Muttermilch?
Für ein Baby unter 6 Monaten ist Muttermilch die beste und natürliche Ernährung. Diese ist streng genommen nicht vegan, enthält aber ausnahmslos alles, was ein Baby für die gesunde Entwicklung braucht. Wenn Du Dein Baby ab Beikostreife vegan ernähren möchtest, ist stillen erst recht die bessere Option, denn veganes Milchpulver ist in Deutschland schwer zu bekommen und außerdem noch recht wenig erprobt in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit.
Wenn Du als Mutter nicht stillen kannst (oder möchtest), solltest Du auf keinen Fall auf vegane „Milchalternativen“ auf Soja- oder Getreidebasis aus dem Supermarktregal (Hafermilch, Dinkelmilch, Sojamilch) zurückgreifen oder versuchen, daraus eine geeignete vegane Babynahrung zu mischen. Diese sind zwar vegan, aber absolut nicht auf die Bedürfnisse eines Säuglings zugeschnitten.
Einzig die milchfreie Spezialnahrung, die es von verschiedenen Herstellern für Babys mit Kuhmilcheiweiß-Allergie gibt, kannst Du als veganes Milchpulver für Dein Baby verwenden. Auch wenn noch nicht abschließend geklärt ist, ob diese gleichwertigen Ersatz für Muttermilch oder Pre-Nahrung auf Kuhmilch- oder Ziegenmilchbasis darstellt, gibt es doch neuere Forschungsergebnisse, die dies zumindest andeuten.
In der Stillzeit sollten auch Mütter mit veganer Ernährung vorsichtig sein und ausgewogen essen – denn nur, wenn sie selbst genügend Nährstoffe zu sich nehmen, können sie diese über die Muttermilch weitergeben. Wenn Du Dich bisher nicht intensiv damit befasst hast, solltest Du das spätestens jetzt tun. Vor allem die Versorgung mit Omega-3 und Jod haben viele Mütter in der Schwangerschaft nicht im Blick.
Baby vegan ernähren mit Baby Led Weaning
Auch und gerade für vegan ernährte Babys stellt Baby Led Weaning eine gute Methode der Beikosteinführung dar. Denn diese Kinder dürfen in der Regel noch viel länger und viel mehr Muttermilch bzw. mit Nährstoffen angereicherte Ersatzmilch trinken als breigefütterte Babys, bei denen recht schnell abgestillt wird. Durch die Versorgung mit Muttermilch wird einem Nährstoffmangel weiterhin vorgebeugt – vorausgesetzt die stillende Mutter ist gut versorgt.
Wenn einem Baby außerdem eine ausgewogene Auswahl an Nahrungsmitteln mit den wichtigsten Nährstoffen angeboten wird, kann es auch das auswählen, was es gerade braucht. Entsprechende Versuche mit Babys haben nachgewiesen, dass diese bei einem entsprechenden Angebot selbständig eine ausgewogene Ernährung wählen. Einen strengen Ernährungsplan für ein veganes BLW-Kind braucht man daher nicht einzuhalten – auf eine abwechslungsreiche und gesund Ernährung zu achten reicht.
Vegan kochen für Babys

Wenn Du selbst vegan lebst, weißt Du wahrscheinlich ohnehin, worauf Du achten musst, wenn Du dein Baby vegan ernähren willst. Wenn Du vor hast, die Ernährung Deiner Familie umzustellen oder einfach mehr pflanzliche Nahrungsmittel in die Familienkost zu integrieren, gibt es dazu eine tolle Einführung von Karla Ney, die hier auch einige Rezepte veröffentlicht: Pflanzliche Beikost mit Baby Led Weaning.
Dieses Buch enthält nicht nur tolle Rezeptideen für die vegane Beikosteinführung, sondern auch einen lehrreichen Theorieteil, in dem unter anderem aufgelistet ist, wie Du tierische Produkte in Rezepten durch vegane ersetzen kannst.
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