Ab wann dürfen Babys Joghurt essen?
Alles, was Du wissen musst
Joghurt ist ein fermentiertes Milchprodukt und für den Beikoststart nicht unbedingt empfohlen, wenn auch nicht als gefährlich einzustufen. Doch warum eigentlich und ab wann dürfen Babys tatsächlich Joghurt essen?
Warum sollen Babys keinen Joghurt essen?
Zunächst einmal soll es hier nur um Joghurt ohne Zucker und sonstige Zusatzstoffe, also um Naturjoghurt aus Kuhmilch gehen. Diese Art von Joghurt gilt zwar als die Gesündeste, ist aber aus zwei Gründen für Babys nicht geeignet:
- Wie alle Milchprodukte enthält Joghurt sehr viel Proteine, im Endprodukt sogar mehr als die Kuhmilch selbst.
- Laut neueren Studien enthalten Milchprodukte häufig Erreger, die mit späteren Darm- und Krebserkrankungen in Verbindung gebracht werden.
>> Mehr dazu kannst Du auch in meinem Artikel über Milchprodukte lesen.
Im ersten Lebensjahr würde ich darum auf Joghurt aus tierischer Milch und andere Kuhmilchprodukte lieber verzichten – vor allem, wenn Du nicht (mehr) stillst (mehr dazu unten). Stillbabys können gegebenenfalls mal ein kleines Löffelchen Naturjoghurt probieren, sollten ihn aber nicht regelmäßig und in größeren Mengen essen.
Proteine belasten die Nieren
Die Zusammensetzung von Kuhmilch ist nicht darauf ausgelegt, dass ein Menschenkind davon ernährt wird. Vielmehr dient sie dem raschen Wachstum von Kuh-Kälbern und enthält entsprechende Wachstumshormone und andere Bestandteile. Vor allem der Proteingehalt ist sehr viel höher als der in der menschlichen Muttermilch. Weil nicht verwertete Proteine als Harnstoff über die Nieren abgebaut und über die Harnwege ausgeschieden werden müssen, ist das eine große Belastung für den kindlichen Organismus und verbraucht viel Flüssigkeit. Wenn die Nieren in ihrer Kapazität voll ausgelastet sind, bleibt zu viel Harnstoff im Blutkreislauf – und das ist nicht gerade gesund.
Verschiedene Studien belegen, dass eine hohe Proteinzufuhr als Kind das Risiko für späteres Übergewicht erhöht. Adipositas gilt als Risikofaktor für viele Zivilisationskrankheiten wie Diabetes Typ II und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein Schicksal, dass sich sicherlich niemand für sein Baby wünscht.
Darum empfehlen die meisten Ernährungsexperten, im ersten Lebensjahr keine verarbeiteten Kuhmilchprodukte wie Joghurt, Quark oder Käse zu füttern. Maximal erlaubt sind 200 ml Kuhmilch im Brei. Im zweiten Lebensjahr lautet die Empfehlung, nicht mehr als 350 ml bzw. Gramm Kuhmilchprodukte pro Tag zu geben.
Schädliche Erreger in Kuhmilchprodukten
Aber Kuhmilchprodukte scheinen möglicherweise noch mehr unangenehme Auswirkungen auf die Gesundheit mit sich zu bringen. So belegen neuere Studien, dass der frühe Verzehr von Milchprodukten das Risiko, später an einer entzündlichen Darmerkrankung oder Darmkrebs zu erkranken, erhöht.
Um das klar auszudrücken: Experten raten in diesem Zusammenhang nicht davon ab, überhaupt Kuhmilch zu sich zu nehmen, es geht nur um die ersten beiden Lebensjahre.
Grund sind zwei in der Kuhmilch gefundene Erreger: Die Mycobakterien avium paratuberculosis (MAP) werden von Wissenschaftlern mit der Entstehung von Morbus Crohn, einer chronischen, entzündlichen Darmerkrankung in Verbindung gebracht. Auch bei Pasteurisierung oder Herstellung von Milchpulver werden sie anscheinend nicht abgetötet. Genauso hartnäckig sind die sogenannten Bovine Meat and Milk Factors (BMMF), die sich auch in Rindfleisch nachweisen lassen. Dabei handelt es sich nicht um Viren oder Bakterien, sondern um DNA-Bestandteile von Viren.
Während gestillte Babys durch spezielle Zucker aus der Muttermilch vor einer Infektion mit BMMFs und daraus folgenden Entzündungen im Darm geschützt sind, können sich ungestillte Babys und Kleinkinder aufgrund ihres schwachen Immunsystems infizieren. Medizin-Nobelpreisträgers Harald zur Hausen, der diesen Zusammenhang kürzlich nachweisen konnte, rät darum dazu, Kinder möglichst lange zu stillen. Zu einem generellen Verzicht auf Milchprodukte rät er ausdrücklich nicht.
Bei älteren Kindern und Erwachsenen macht ein Verzicht auf Milch und Rindfleisch aus diesem Grund auch tatsächlich keine Sinn mehr. Sie sind entweder bereits infiziert oder haben ein Immunsystem, das stark genug ist, die beiden bekannten Erreger abzuwehren. Ob es andere gute Gründe gibt, Kinder ohne Fleisch und Kuhmilch groß zu ziehen bzw. auch als Erwachsener möglichst wenig davon zu essen, ist ein ganz anderes Thema.
Auf Schafs- und Ziegenmilchjoghurt in diesem Zusammenhang umzusteigen macht nur bedingt Sinn. Denn während die BMMF-Erreger ausschließlich in Kuhmilch und Rindfleisch nachgewiesen wurden, finden sich die MAP-Erreger auch in der Milch anderer Tiere. Und gegen eine Infektion damit hilft, meiner Recherche nach, auch kein langes Stillen.
In meinen Augen bedeutet das
- wenn Du stillst, kannst Du gegen Ende des ersten Lebensjahres anfangen, Deinem Baby Joghurt zu füttern – allerdings in kleinen Mengen und selten
- ungestillte Babys sollten sicherheitshalber noch etwas länger keine Milchprodukte essen.
Genaue Studien oder gar angepasste Empfehlungen gibt es leider nicht. Es bleibt damit den Erziehungsberechtigten überlassen, was sie aus diesen Informationen machen. Ich empfehle Dir, Dich gründlich einzulesen und dann eine Entscheidung zu treffen, die Dir am besten erscheint.
Wenn in Deiner Familie eine Kuhmilcheiweiß-Allergie vorliegt und Du vorhast, nur kurze Zeit zu stillen, kann es z.B. Sinn machen, früh unter dem Schutz der Muttermilch (z.B. mit 6 Monaten) gelegentlich Milchprodukte zu geben und dann mit dem Abstillen nicht mehr.
Welcher Joghurt ist für Kleinkinder geeignet?
Egal, wann Du anfängst, achte darauf, welchen Joghurt Du kaufst. Denn leider enthalten vor allem Joghurts, die speziell für Kinder oder Babys ausgewiesen werden, Inhaltsstoffe, die genau für Kinder nicht geeignet sind – allen voran Zucker.
Solange Dein Kind diese Art von “Joghurt” nicht kennt, wird es sie auch nicht vermissen. Du tust also der Gesundheit Deines Kindes einen großen Gefallen, wenn Du es möglichst lange dabei belässt. Denn darüber, dass zu viel Zucker für Babys und Kleinkinder ungesund ist, gibt es keinen Zweifel. Auch darüber, dass das aggressive Marketing von Herstellern ungesunder Lebensmittel mit der Zielgruppe Babys & Kleinkinder aufhören muss, herrscht längst Konsens. Leider haben Selbstverpflichtungen der Industrie bisher nicht viel gebracht und nur wertvolle Zeit verstreichen lassen.
Wenn Du für Dein Kind einen Joghurt mit Geschmack möchtest, mische doch einfach frische oder Tiefkühlfrüchte in den Joghurt!
Ansonsten würde ich gerade bei Milchprodukten empfehlen, auf Bio-Produkte, am besten mit Demeter-Siegel, zurückzugreifen. Denn in Joghurt aus kommerzieller Tiermilch finden sich leider Rückstände aller möglichen Substanzen wie Antibiotika oder Pestizide. Diese können in einem sich entwickelnden Organismus noch mehr Schaden anrichten als bei Erwachsenen.
Von Joghurt aus unbehandelter Rohmilch wird im Säuglingsalter abgeraten, da Bakterien enthalten sein können, die zu Durchfallerkrankungen führen. Andererseites haben Wissenschaftler vor einigen Jahren herausgefunden, dass Rohmilch gegen die Entwicklung von Allergien schützt.
Gute Alternative: Vegane Joghurts
Viel sinnvoller als Kuhmilchjoghurts erscheinen mir übrigens vegane Joghurts für Babys und Kleinkinder. Vor allem Kokosmilch ist in der Zusammensetzung der menschlichen Muttermilch erstaunlich ähnlich und gilt als sehr gesundes Lebensmittel. Wenn man nun noch gesunde Joghurtkulturen (Probiotika für die Darmflora) verwendet, können Babys davon auf jeden Fall profitieren. Kokosjoghurt würde ich bedenkenlos ab Beikostreife probieren lassen, zumal er auch ohne Zuckerzusatz sehr gut schmeckt. Mittlerweile gibt es auch Joghurts aus anderen pflanzlichen Milchalternativen wie Cashew-Joghurt, Hafer-Joghurt und natürlich Sojajoghurt. Sojajoghurt schmeckt ohne Süßungsmittel allerdings nicht besonders gut. Vor allem in Rezepten kann das aber trotzdem eine gute Zutat sein.
>> BLW-Rezepte mit (veganem) Joghurt
Wie können BLW-Babys Joghurt essen?
Bleibt am Ende nur noch die leidige Frage nach dem Löffel für BLW-Kinder. Denn füttern soll man sie ja nicht unbedingt, sondern das Konzept von Baby Led Weaning basiert darauf, dass die Kleinen selbstständig und selbstbestimmt essen lernen. Für halbflüssige Konsistenzen wie Joghurt gibt es darum folgende Möglichkeiten:
- Joghurt mit den Händen essen lassen: Das ist für ganz kleine Säuglinge mit ca. 6 Monaten oft die einzige Option, denn sie können i.d.R. noch nicht mit irgendwelchen Esshilfen umgehen.
- Becher-Methode: nach einigen Wochen kannst Du anfangen, mit Deinem Kind mit einem Becher zu üben, dicke Flüssigkeiten wie Joghurt oder Suppe zu “trinken”.
- Ein Esslern-Löffel aus Silikon kann helfen, auch ohne die richtige Haltung des Löffels Joghurt in den Mund zu befördern.
In jedem Fall solltest Du cremigen, möglichst festen Naturjoghurt (nicht stichfest oder dünnflüssig) kaufen, um es Deinem Kind einfacher zu machen.
In meiner Lebensmittel-Fibel für Babys findest Du zahlreiche Infos zu verschiedenen Lebensmitteln. Wenn Du eines nicht findest, schreib mir unbedingt einen Kommentar oder eine Nachricht, damit ich das ergänzen kann!
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