Wenn es um Essen geht, haben viele Eltern große Angst, ihr Baby könne sich verschlucken. Dabei hat der Körper einige Schutzmechanismen, um so einen Fall zu verhindern – einer davon ist der Zungenstoßreflex. Was genau sich dahinter verbirgt und was das mit dem Beikoststart zu tun hat, erkläre ich Dir jetzt.
Was ist der Zungenreflex bei Babys?
Der Zungenstoßreflex, auch als Zungenstreckreflex oder einfach Zungenreflex bezeichnet, ist ein angeborener Reflex, der bei Säuglingen bis zur Beikostreife zu beobachten ist. Dieser Reflex bewirkt, dass alles, was die Zunge oder den Gaumen des Babys berührt, automatisch wieder herausgestoßen wird. Bei einem Reflex handelt es sich nicht um eine bewusste Handlung, er “passiert” einfach, sobald er ausgelöst wird und kann nicht abtrainiert werden. Der Zungenstoßreflex hilft zu verhindern, dass feste Nahrung geschluckt wird, bevor das Baby dazu physiologisch bereit ist. D.h. er wird ausgelöst, sobald sich etwas im Mundraum befindet, das dicker als Milch oder Wasser ist.
Typischerweise ist dieser Reflex stärker ausgeprägt in den ersten Monaten nach der Geburt und beginnt sich etwa ab dem 4. bis 6. Lebensmonat zu verringern. Dieser Zeitpunkt kann individuell variieren und fällt in der Regel mit der Entwicklung der Fähigkeit zusammen, feste Nahrung zu essen. Der Rückgang des Zungenstoßreflexes ist ein Zeichen dafür, dass ein Baby bereit ist, mit dem Übergang zu breiiger oder fester Nahrung zu beginnen – man spricht von einem Beikostreifezeichen.
Wichtig zu wissen ist, dass dieser Schutzmechanismus nur richtig funktionieren kann, wenn Dein Kind aufrecht sitzt bzw. gehalten wird. Im Liegen können Nahrungsbrocken oder Gegenstände durch die Schwerkraft trotzdem zu weit nach hinten rutschen!
Wie erkennt man den Zungenstoßreflex?
Den Zungenstoßreflex erkennen kannst Du, indem Du beobachtest, wie Dein Kind auf Berührung an den Lippen oder im Mund reagiert. So kannst Du den Zungenstoßreflex testen:
- Der beste Zeitpunkt, um den Zungenstoßreflex zu beobachten, ist, wenn das Baby wach, aber ruhig ist. Halte Dein Kind aufrecht bzw. setze es hin.
- Eine leichte Berührung der Lippen oder des Mundinnenraums mit einem kleinen Löffel oder einem sauberen Finger sollte bei einem Säugling mit aktivem Zungenstoßreflex dazu führen, dass die Zunge nach vorne bewegt wird, um den Löffel oder Finger herauszustoßen.
- Wenn Dein Baby vermutlich bereit ist, mit der Einführung fester Nahrung zu beginnen (normalerweise etwa im Alter von 4 bis 6 Monaten), kannst Du eine sehr kleine Menge Brei auf einen Löffel geben und diesen sanft gegen die Lippen des Babys drücken. Ein Baby mit einem stark ausgeprägten Zungenstoßreflex wird den Brei mit der Zunge herausstoßen, anstatt ihn in den Mund zu nehmen. Dasselbe gilt für Fingerfood.
Wichtig: Stecke nie Essen oder einen Gegenstand in den Mund Deines Babys, an dem es sich versehentlich verschlucken könnte!
In diesem Video sieht man den Zungenstoßreflex sehr deutlich. Leider interpretieren viele Eltern die Zungenbewegung als willentliches Ablehnen des Babybreis und finden es putzig, wie “dickköpfig” ihr Baby ist. Sie nehmen den Brei mit dem Löffel wieder auf und schieben ihn zurück in den Mund.
Wann hört Zungenstoßreflex auf?
Der Zungenreflex lässt von selbst mit 5 – 7 Monaten allmählich nach, wenn Dein Baby beikostreif ist. Das passiert nicht über Nacht, es kann also sein, dass Dein Kind schon feste Nahrung isst, aber der Reflex noch hin und wieder ausgelöst wird.
Dein Baby ist jetzt nicht mehr länger nur von Reflexen abhängig, es hat gelernt, die Zungenmotorik so weit zu beherrschen, dass es den Nahrungsbrei im Mund auch nach links und rechts schieben kann. Das ist ungemein wichtig, um sicher essen zu können.
Wie merke ich, ob der Zungenstoßreflex weg ist?
Oft merken Eltern gar nicht, dass der Zungenstoßreflex weg ist – oder sie haben gar nicht bemerkt, dass er jemals da war. Denn einige der anderen Reifezeichen wir stabiles Sitzen mit Unterstützung brauchen mitunter länger als das Verschwinden des Zungenstoßreflexes. Natürlich kannst Du wie oben beschrieben testen, ob der Zungenstoßreflex wirklich weg ist. Ich habe das allerdings bei keinem meiner drei Kinder getan, denn irgendwann war er einfach nicht mehr wahrnehmbar – und erst später waren sie dann beikostreif.
Der Zungenstoßreflex verschwindet nicht?
Wenn der Zungenstoßreflex bei Deinem Kind nicht wie erwartet verschwindet, kann dies zu Schwierigkeiten bei der Einführung fester Nahrung führen und möglicherweise ein Zeichen für Entwicklungsverzögerungen oder andere gesundheitliche Probleme sein. Aber zunächst einmal solltest Du Geduld bewahren, denn die Entwicklung eines jeden Kindes verläuft individuell und ein leicht verzögertes Verschwinden des Reflexes ist nicht unbedingt Grund zur Sorge. Er muss auch nicht mit 7 Monaten komplett verschwinden, sondern sollte nur allmählich nachlassen. Wenn Du mit 10 Monaten einmal den Zungenstoßreflex beobachtest, Dein Kind aber sonst normal isst, ist das auf keinen Fall schlimm.
Wenn der Zungenstoßreflex tatsächlich nicht verschwindet, kannst Du über folgende Maßnahmen nachdenken:
- Variation der Nahrung: Versuche, unterschiedliche Texturen und Temperaturen von Nahrungsmitteln anzubieten, da manche Kinder auf bestimmte Arten von Nahrung besser reagieren als auf andere.
- Übungen und Spiele: Manche Eltern und Therapeuten nutzen spezielle Übungen und Spiele, um die Mundmotorik und die Kontrolle über die Zunge zu verbessern. Solche Aktivitäten sollten jedoch am besten nach Rücksprache mit einem Fachmann durchgeführt werden.
- Professionelle Bewertung: Wenn der Reflex deutlich über das Alter hinaus anhält, in dem er typischerweise verschwindet (etwa 6 Monate), oder wenn es andere Anzeichen für Entwicklungsverzögerungen gibt, ist es ratsam, eine professionelle Bewertung durch einen Kinderarzt oder einen auf Kinderentwicklung spezialisierten Therapeuten (z.B. einen Sprach- oder Ergotherapeuten) zu suchen.
- Ganzheitliche Untersuchung: Ein Fachmann kann eine ganzheitliche Untersuchung Deines Kindes durchführen, um festzustellen, ob der anhaltende Zungenstoßreflex Teil eines breiteren Entwicklungsprofils ist und ob andere Unterstützungsmaßnahmen oder Interventionen angezeigt sind.
Wenn es tatsächlich ein Problem gibt, ignoriere es also nicht zu lange. Frage Deinen Kinderarzt, Hebamme oder Beikostberatung um Rat und bleib im offenen Dialog mit Gesundheits- und Betreuungsfachkräften. Denn sicherlich möchtest Du die bestmögliche Unterstützung für die Entwicklung Deines Kindes gewährleisten.
Was passiert, wenn ich zu früh mit der Beikost anfange?
Dabei sollte Dir klar sein, dass der Zungenstoßreflex nicht nur Schutz vor dem Verschlucken gefährlicher Teile bietet. Er schützt auch den noch unreifen Verdauungstrakt vor fester Nahrung, auch vor Brei. Wenn Du Dein Kind zu früh mit Brei fütterst, ist das nicht nur ein Geduldsspiel, weil die Zunge den Brei ständig wieder nach vorne schiebt. Feste Nahrung, auch in breiiger Konsistenz, kann ein Baby vor der Beikostreife nicht ordentlich verdauen. Das System ist noch nicht reif dafür und wird überfordert. Die Auswirkungen sind mindestens körperliche Symptome wie Blähungen und Bauchschmerzen.