Neulich waren wir mit unserem Baby essen. Das Großelternpaar am Nebentisch beobachtete begeistert, wie der 8 Monate altes Baby Gemüsehappen von unserem Teller genüßlich und sauber mitaß. Schließlich erzählten sie, dass ihr eigener Enkel Obst und Gemüse in jeglicher Form ablehnt. Schon immer. Dass Babys Gemüse verschmähen, kann ich mir ja gut vorstellen. Aber Obst? Immerhin ist das süß!
Wenn Du auf diesem Artikel gelandet bist, kennst Du das Problem aber wahrscheinlich und dein Baby mag kein Obst. Dafür kann es tatsächlich viele Gründe geben und im Prinzip ist keiner davon ein Drama. Wie Du Dein Kind trotzdem irgendwann zu einem gesunden Esser erziehst, erkläre ich Dir in diesem Beitrag.
Muss ein Baby Obst essen?
Zuerst einmal stellt sich berechtigt die Frage, ob es überhaupt notwendig ist, dass Dein Baby Obst isst. Natürlich gehört Obst und Gemüse zu einer ausgewogenen, gesunden Ernährung. Aber muss das gleich zu Beginn der Essenskarriere sein?
Die knappe Antwort lautet: Nein. Solange Dein Baby weiter gestillt wird oder Pre-Nahrung nach Bedarf bekommt – solange Beikost also BEIkost und nicht Hautpnahrungsmittel ist, ist kein Lebensmittel unentbehrlich. Wenn Dein Baby also am Anfang seiner Essversuche partout kein Obst essen mag, dann ist das nicht so schlimm, wie Du vielleicht gedacht hast.
Allerdings gehört Obst, wie gesagt, in Maßen durchaus zu einer gesunden Ernährung dazu. Und in Sachen Essen gilt: Je früher sich ein Kind an einen Geschmack gewöhnt, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Nahrungsmittel auch im späteren Leben einen Platz in den Ernährungsgewohnheiten findet. Es macht also auf jeden Fall Sinn, Dein Baby an den Geschmack verschiedener Obstsorten zu gewöhnen – wenn es mag.
Baby niemals zum Essen zwingen
Aber was, wenn es nicht mag? Wenn Dein Baby kein Obst mag, dann sollest Du es niemals dazu zwingen oder nötigen, es trotzdem zu essen. Das heißt, Du darfst durchaus anbieten und probieren lassen, aber wenn der Mund zu ist, ist er zu und das Obst bleibt draußen. Wenn etwas wieder ausgespuckt wird, bleibt es ebenfalls draußen. Dann bekommt Dein Kind eben etwas anderes angeboten und ihr versucht es zu einem anderen Zeitpunkt wieder.
Gründe, warum Baby kein Obst mag
Aber woher kommt nun die Abneigung gegen Obst beim Baby? Wahrscheinlich trifft einer der folgenden Gründe auch bei Dir zu.
Eigene Ernährung
Du isst selbst wenig oder gar kein Obst? Dann hast Du hier schon die Antwort auf Deine Frage. Die eigene Ernährung, vor allem die der Mutter, beeinflusst nämlich das Ernährungsverhalten des Babys von Anfang an. Sobald die Geschmacksknospen im Mutterleib ausgebildet sind, schmeckt Dein Baby, was Du schmeckst. Denn je nach Ernährung verändert sich auch der Geschmack des Fruchtwassers. Diese Geschmacksprägung geht später in der Stillzeit weiter.
Während all die Lebensmittel, die Du täglich isst, Deinem Kind also vertraut sind, ist es mit Obst vielleicht bisher nur wenig oder gar nicht in Berührung gekommen.
Zu früh
Vielleicht ist Dein Baby aber auch einfach noch nicht bereit für Obst? Immerhin enthält Obst gemeinhin mehr Säure und ist geschmacklich intensiver als zum Beispiel Gemüse oder Getreide. Es kann also sein, dass Dein Kind einfach noch etwas Zeit braucht.
Schmeckt nicht
Babys sind wie alle Menschen Individuen. Nicht jedem schmeckt dasselbe, unabhängig von der oben genannten Prägung. Versuche einfach mal eine andere Obstsorte.
Gleichzeitig braucht Dein Kind aber auch Zeit, sich an den Geschmack zu gewöhnen. Anfangs, sagt man, kann bis zu zehnmaliges Probieren nötig sein, damit eine Gewöhnung stattfinden kann. Besonders Obst empfinden viele Babys als säuerlich oder intensiv und es dauert dadurch vielleicht einfach länger.
Baby an Obst gewöhnen – Tipps
Wie aber kannst Du Dein Baby sanft an Obst gewöhnen? Erst einmal musst Du, wie gesagt, nichts überstürzen. Je älter es wird, desto mehr Möglichkeiten hast Du.
Vorbildwirkung
Zunächst einmal solltest Du Dein eigenes Ernährungsverhalten genau unter die Lupe nehmen. Wenn es tatsächlich daran liegen könnte, dass der Rest der Familie ebenfalls kein Obst isst, musst Du hier ansetzen.
Lass Dein Baby sehen, wie die Eltern oder Geschwisterkinder Obst essen. Lass es einfach auf dem Tisch stehen und biete es immer mal wieder auch dem Baby an.
Andere Obstsorten
Vielleicht hast Du auch einfach noch nicht das richtige Obst gefunden? Nach ein paar Tagen mit derselben Sorte, kannst Du darum einfach mal wechseln und durchprobieren. Banane geht meist gut, weil sie so gut wie keine Obstsäure hat.
Andere Formen
Vielleicht macht aber auch die Konsistenz den Unterschied? Wenn Du es bisher mit Obstbrei versucht hast, gib Deinem Baby doch einfach mal ein ganzes Stück in die Hand. Oder vielleicht bevorzugt Dein Babyled-Weaning-Kind auch tatsächlich Obstbrei, weil das Obst dann gekocht wurde und weniger sauer ist? Auch gefrorenes Obst oder Obstmus am Stiel könnte eine Möglichkeit sein.
Keinen Druck machen
Insgesamt solltest Du zu Anfang der Beikostzeit einfach nicht zu viel erwarten. Ich weiß, es ist super aufregend, ein Baby beim essen lernen zu begleiten. Aber glaub mir, es kommt die Zeit, in der das ganz normal ist. Fang nicht zu früh an und mach nicht zu viel Druck – Dir selbst nicht und erst recht nicht dem Baby.
Auch würde ich dem Thema Obst essen nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken durch Überreden, Belohnungen und ähnliches. Sonst läufst Du Gefahr, dass das Ganze zum Spielchen wird, wenn Dein Baby älter wird. Es isst das Obst dann nicht, weil es ihm schmeckt, sondern um eine Belohnung in Form von Lob oder einfach Aufmerksamkeit zu erhalten.
Lieber ein “Gut, dann esse ich die leckere Banane” – und das auch tun.
Mit einbeziehen
Ältere Kinder kannst Du durchaus auch dazu verleiten, etwas zu essen, weil sie beim Aussuchen und Zubereiten mit einbezogen wurden. Im Supermarkt kann auch ein Baby, das noch nicht sprechen kann, ganz bewusst auf etwas zeigen, das es ausprobieren möchte. Zuhause kann es dann mithelfen, die Banane mit einem stumpfen Messer zu schneiden und das Obst richtig anzurichten – vielleicht ja auch in einer kindgerechten Form wie einer Obstschlange oder einem Obstfisch.
Warum es ganz normal ist, dass Kleinkinder kein Obst mögen
Es scheint laut Herbert Renz-Polster übrigens evolutionsbiologisch ganz normal zu sein, dass Kleinkinder kein Obst mögen. Vielleicht trifft das manchmal schon auf Babys zu.
Die Begründung ist recht simpel: Wenn Kinder mobiler werden und sich unabhängiger von den Eltern durch die Welt bewegen, steigen auch die Gefahrenquellen durch essen. Es gibt giftige Beeren oder Pilze und auch andere Nahrungsmittel, die Probleme bereiten. Deshalb verändert sich der Geschmackssinn in dieser Zeit so, dass vor allem “sichere” Nahrungsmittel bevorzugt werden. Dazu gehören zum Beispiel Kohlenhydrate und Fette. Obst ist dagegen oft säuerlich, Gemüse bitter.
Es ist also ganz normal, dass sich ein Kleinkind, selbst wenn es als Baby Obst und Gemüse mochte, plötzlich von Fleisch, Nudeln und Joghurt ernährt.
Fazit: Baby mag kein Obst? Halb so wild!
Insgesamt ist es also nicht so wild, wenn Dein Baby kein Obst mag. So essentiell ist Obst nicht, und solange das Baby gleichzeitig Gemüse isst, gibt es schon mal gar keinen Anlass zur Sorge. Denn alles, was sich an Vitaminen in Obst findet, kommt auch in Gemüse vor. Dein Baby kann sich mit dem Obst essen also Zeit lassen.
Was Du keinesfalls tun solltest: Stattdessen einfach auf süße Obstbreie mit Zuckerzusatz oder Quetschies zurück greifen. Denn dann ist es kein Wunder, dass Dein Baby Obst in seiner natürlichen Form verschmäht.
Wenn Du Dich fragst, was Du als Nachmittagssnack geben sollst, wenn Dein Baby kein Obst mag: Obst-Getreide-Brei kann man auch einfach ohne Obst geben, also nur Getreidebrei oder Getreidebrei mit Gemüse – oder einfach bei Milch bleiben. Immerhin heißt es BEIkost, nicht ERSATZkost.
Quellen:
- Dr. Med. Matthias Riedl: Das Kochbuch der ersten 1000 Tage.
- Jesper Juul: Essen kommen
- Herbert Renz-Polster: Kinder verstehen
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