Kind isst nur, wenn es gefüttert wird

Ein Kind zu füttern, während man selbst in Ruhe essen möchte, kann nerven. Dass die ganze Familie in Ruhe am Tisch sitzen und essen kann ist einer der großen Vorteile von Baby led Weaning. Doch was, wenn das Baby nicht selbstständig isst, sondern gefüttert werden muss – obwohl es Fingerfood vor sich hat? Soll ich mein Baby dann füttern oder selbst essen lassen? Und was ist, wenn eine Dreijährige plötzlich wieder von Mama und Papa gefüttert werden möchte und ansonsten das Essen verweigert? Nachgeben oder hungern lassen? Hier erfährst Du, was ich Dir in der jeweiligen Situation raten würde. 

Baby isst nicht selbst mit den Händen

Das Konzept ist ja ganz einfach: Leg Deinem BLW-Baby geeignetes Fingerfood bereit und lass es selbst mit den Händen essen. Diese Methode hat viele Vorteile und führt in der Theorie zu sehr selbstständigen, fähigen Essern. Doch manchmal kommt es vor, dass Babys das Essen einfach nicht anfassen, sondern nur probieren oder essen, wenn sie gefüttert werden. Das kann z.B. folgende Ursachen haben: 

  • Baby ist es nicht gewöhnt, selbst zu essen, weil es bisher mit Brei gefüttert wurde und diesen nicht anfassen durfte. 
  • Charakterliche Eigenheit des Kindes
  • Baby orientiert sich an den Erwachsenen, die ebenfalls das Essen nicht mit den Händen anfassen. 
  • Schlechte Erfahrungen durch Reaktionen auf Essverhalten (z.B. Maßregelung, Missbilligung durch Bezugsperson, vielleicht auch unbewusst). 

Um das nochmal klar zu machen: Wir sprechen hier nicht von gelegentlicher Unterstützung beim Essen, sondern davon, dass ein Säugling oder Kleinkind nichts von den Angebotenen Speisen zu sich nimmt, wenn es nicht gefüttert wird. Das ist für die Eltern und insbesondere für stillende Mütter meist mit negativen Nachwirkungen verbunden. Denn viele Kinder werden sehr quengelig und schwierig, wenn sie hungrig sind. Stillkinder versuchen, ihren Bedarf an der Brust zu stillen, was einen normalen Alltag erschweren kann und für viele Mütter nervenaufreibend ist. 

Wie kann ich mein Baby zum essen animieren?

Was also tun, damit das Baby isst? Weiterhin füttern? Ich würde ehrlich gesagt genau das tun: Bedürfnisorientiert füttern, also auf die Hunger- bzw. Sättigungssignale Deines Kindes achten und den Löffel oder das Fingerfood nur zum Mund führen, wenn Dein Kind bereit ist und sich darauf konzentriert. Parallel würde ich aber selbst essen, sodass nicht immer sofort der nächste Happen bereit steht, wenn Dein Baby das möchte. So kann es irgendwann passieren – vor allem bei Gerichten, die ihm sehr gut schmecken – dass Dein Kind ungeduldig wird und doch selbst nachhilft. Gleichzeitig kannst Du noch versuchen: 

  • Lass Dein Baby so früh wie möglich selbst essen lernen mit Fingerfood, selbst wenn Du parallel Brei fütterst.
  • Gib Deinem Kind essen direkt in die Hand. 
  • Führe die Hand zum Essen (aber zwing es nicht, das essen anzufassen und wende keine große Kraft an!)
  • Piekse Stücke auf eine Gabel und leg die Gabel an den Tellerrand. 
  • Esst gemeinsam am Familientisch. 
  • Esst Fingerfood selbst mit den Händen. 
  • Leg nur kleine, überschaubare Portionen auf den Teller Deines Babys. 

Und dann gilt einfach: Geduld haben und immer wieder zum selber essen animieren. Dann klappt es bei den meisten irgendwann. 

 Wann soll ein Baby alleine essen?

Soll man Kinder mit dem Essen spielen lassen?

 

Kind mit 3 Jahren noch füttern?

Bei einigen Kindern kommt es mit zwei, drei oder sogar vier Jahren zu einer Regression im Essverhalten. Sie wollen plötzlich wieder gefüttert werden und fordern das verbal ein. Das passiert in einem Alter, in dem sie schon problemlos selbst mit Besteck essen konnten und das auch getan haben. Warum also dieser Rückschritt? 

Dieses Füttern lassen hat in dem Fall nichts mit dem selber essen oder füttern lassen an sich zu tun. Das Füttern durch eine Bezugsperson stellt für Dein Kind eine Form der Zuneigung, der positiven Aufmerksamkeit dar. So wie wir als Erwachsene uns freuen, wenn der Partner uns eine heiße Wanne einlässt, den Müll für uns rausbringt oder und ein leckeres Abendessen kocht – obwohl wir das doch jederzeit selber machen könnten. So ist das in Beziehungen, dass man sich auch gerne mal verwöhnen lässt – und Eltern-Kind-Beziehungen sind da keine Ausnahme. Eine Mama hat mir erzählt, ihr 4-jähriger hat auf die Frage, warum er immer noch gefüttert werden möchte, erklärt: “Weil das für mich Liebe ist.”

Kind füttern oder selber essen lassen?

Leider missverstehen einige Eltern oder Großeltern diese Forderung nach Zuwendung als Faulheit oder gar als Machtspielchen. “Es kann ja wohl nicht sein, dass Mama und Papa schön brav, genau nach ihrem Willen, ihr das Essen unter die Nase schieben”, schreibt eine Mama in ein Internetforum. Wenn Du Dein Kind nicht füttern möchtest, weil Du Angst hast, dass es Dir “auf der Nase herumtanzt”, Du es zu sehr verwöhnst oder  es sonst irgendeine negative Lehre daraus zieht, kann ich Dich beruhigen. Auch in diesem Alter kann man Kinder mit Liebe und Zuneigung nicht negativ beeinflussen. Im Gegenteil. Ein Kind, dessen Bedürfnisse gesehen oder gar erfüllt sieht, wird einen gesunden Selbstwert und eine stabile Beziehung zu seinem Umfeld aufbauen. Wenn es Dir nichts ausmacht, füttere also Dein Kind und irgendwann wird es wieder selber essen wollen. 

Übrigens essen Kinder im Kindergarten oder bei anderen Familien trotzdem problemlos selbst. Sie brauchen diese “Serviceleistung” nicht von Fremden, sondern wünschen sich das nur von engen Bezugspersonen. Ich weiß das, weil ich selbst so einen kleinen Mann zuhause habe, der im Kindergarten oder bei Freunden problemlos und sehr sauber selbst isst. 

Ich will mein Kind nicht immer füttern

Doch was, wenn es Dir einfach widerstrebt oder einen ungeheuren Mehraufwand an Zeit und Nerven kostet, dass Dein 4-jähriger immer gefüttert werden will? Dann würde ich Dir raten, auf liebevolle und konstruktive Weise eine andere Lösung zu finden. Dabei musst Du nicht mit eiserner Konsequenz Dein Kind hungern lassen, bis es selber isst – ein Ratschlag, der häufiger online zu finden ist. Stattdessen kannst Du mit Deinem Kind sprechen, denn mit 3 oder 4 Jahren versteht es schon sehr viel. Sag ihm, dass Du verstehen kannst, dass es sich gut anfühlt, wenn Mama oder Papa sich beim Essen um ihn kümmern und ihn füttern – aber ihr das in Zukunft nicht mehr möchtet. Ihr braucht die Zeit, um selbst zu essen oder dem Geschwisterchen zu helfen.

Besprecht, wie Du vorab unterstützen kannst, damit das selber Essen sich möglichst gut anfühlt. Vielleicht wäre ein besonderes Besteck oder ein neuer Kinderteller eine Möglichkeit? Du könntest auch kleine Stücke schneiden und nur noch hin und wieder beim Aufspießen helfen? Oder vielleicht kannst Du das Essen vorab immer liebevoll anrichten, manchmal als Fun-Food?

Alternativ oder parallel solltet ihr ein Ritual einführen, das das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Zuwendung ebenso gut erfüllen kann. Vielleicht eine kurze Geschichte nach jedem erfolgreichen Familienessen ohne füttern? Pixie-Bücher sind schnell gelesen und günstig genug, um einige Exemplare zur Auswahl bereit zu stellen. Andere Kleinigkeiten könnten sein: Auf der Schaukel anschaukeln, einen kurzen Spaziergang machen, zusammen in die Badewanne, ein Gesellschaftsspiel zusammen spielen, gemeinsam etwas malen, kneten, usw. Du kennst Dein Kind am besten und weißt, was ihm Spaß macht. 

Wenn Du noch Tipps hast für Eltern, deren Kinder nur gefüttert werden möchten, lass gerne einen Kommentar da!

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